„Ein Land, zwei Systeme“ scheint in Hongkong der Vergangenheit anzugehören. Bundesaußenminister Maas übt Kritik an Ungarn, das eine Verurteilung des Regimes in Peking ob seines Vorgehens in der früheren britischen Kronkolonie nicht mittragen will. (Archivbild) (Reuters)
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Bundesaußenminister Heiko Maas hat scharfe Kritik an der ungarischen Blockade einer EU-Erklärung zur Wahlrechtsreform in der chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong geübt. „In der Sache halten wir das für absolut nicht nachvollziehbar“, sagte der SPD-Politiker am Montag am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel. Es sei nicht das erste Mal, dass Ungarn beim Thema China aus der Einigkeit der EU ausbreche. Wo die Gründe lägen, könne sich jeder selber ausrechnen. „Weil es gute Beziehungen zwischen China und Ungarn gibt“, ergänzte er. Bei dem EU-Außenministertreffen in Brüssel hatte die EU eigentlich die Wahlrechtsreform in der chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong verurteilen wollen. Bei einer Vorbereitungssitzung der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten in der vergangenen Woche verhinderte der ungarische Vertreter den Plan allerdings mit einem Veto. Dies war möglich, weil solche Erklärungen nur einstimmig angenommen werden können. Die Wahlrechtsreform für Hongkong war Ende März vom Ständigen Ausschuss des chinesischen Volkskongresses offiziell verabschiedet worden. Sie hat aus Sicht der EU zur Folge, dass der Einfluss der Opposition auf politische Entscheidungen deutlich geschmälert wird und das Volk noch weniger über direkte Wahlen mitbestimmen kann.

„Ein Land, zwei Systeme“

Die Hongkonger Demokratiebewegung gerät dadurch weiter in die Defensive. Bereits im Juni 2020 hatte Peking ein umstrittenes Sicherheitsgesetz in Hongkong in Kraft gesetzt. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die China als umstürzlerisch, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch ansieht. Seit dem 1. Juli 1997 gehört Hongkong wieder zu China, wird aber nach dem Grundsatz „Ein Land, zwei Systeme“ regiert. Diese Vereinbarung sieht eigentlich vor, dass Hongkonger für 50 Jahre bis 2047 „ein hohes Maß an Autonomie“ und viele Freiheiten genießen. Seit der Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes reden viele jedoch nur noch von „Ein Land, ein System“. Mit der Erklärung wollten die EU-Staaten nach Angaben von Diplomaten auch bekräftigen, dass sie mit Hongkong abgeschlossene Auslieferungsabkommen für Straftäter vorerst nicht mehr anwenden. Dies hätte ein weiteres starkes Signal an Peking sein können - auch wenn zum Beispiel Deutschland seine entsprechende Vereinbarung bereits im vergangenen Sommer auf Eis gelegt hatte. Die Bundesregierung hatte den Schritt bekannt gegeben, nachdem die Hongkonger Regierung im Juli in einem umstrittenen Schritt die Parlamentswahl verschoben hatte.

dpa