11.10.2021, Berlin: Paul Ziemiak, CDU-Generalsekretär, spricht nach einer Gremiensitzung der Partei im Konrad-Adenauer-Haus. (dpa)
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Die CDU will nach ihrem historischen Desaster bei der Bundestagswahl auf einem Sonderparteitag den kompletten Bundesvorstand neu wählen. Dies sei einstimmig beschlossen worden, sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak am Montag nach Beratungen der Spitzengremien in Berlin.
Er kündigte für den 30. Oktober ein Treffen der Kreisvorsitzenden an. Dieses Treffen soll dazu dienen, in die Mitgliedschaft hineinzuhorchen. Drei Tage später soll dann laut Ziemiak von Präsidium und Bundesvorstand entschieden werden, wie die Basis konkret in eine personelle und inhaltliche Erneuerung eingebunden wird. Ob der Parteitag noch im Dezember oder womöglich erst im Januar stattfinden wird, blieb offen. „Wir alle wissen, dass das Zeitfenster die Jahreswende ist“, sagte der Generalsekretär.
Zur Frage eines möglichen Konsenskandidaten als Nachfolger für den CDU-Vorsitzenden Armin Laschet, sagte er: „Das kann man ja schlecht beschließen.“ Es habe allerdings Wortmeldungen in die Richtung gegeben, „dass es wünschenswert wäre, wenn es eine Team-Lösung gäbe“. Letztlich gelte jedoch: „Am Ende kann jeder kandidieren, der die formalen Voraussetzungen erfüllt.“
Unionskanzlerkandidat Laschet hatte am Donnerstag angekündigt, er wolle den nun notwendigen Erneuerungsprozess seiner Partei moderieren und den Gremien dafür einen Parteitag vorschlagen. Der CDU-Vorsitzende stellte dabei eigene Ambitionen bei einer personellen Neuaufstellung und auch für etwaige Verhandlungen mit Grünen und FDP über ein Jamaika-Bündnis zurück. Ziemiak: Koalitionsangebot der Union „bleibt bestehen“
Laschet könnte aber womöglich weiter darauf hoffen, dass doch noch eine Machtoption besteht, falls sich SPD, Grünen und FDP bei den Verhandlungen über eine Ampel-Regierung nicht einigen sollten. Die laufenden Sondierungsgespräche zwischen den drei Parteien „beobachten wir sehr genau und unser Angebot bleibt bestehen“, sagte Ziemiak.
Als mögliche Bewerber für die CDU-Spitze gelten neben dem Wirtschaftspolitiker Friedrich Merz unter anderem auch Gesundheitsminister Jens Spahn, der Außenpolitiker Norbert Röttgen, Fraktionschef Ralph Brinkhaus oder der Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther begrüßte die geplante Neuwahl der gesamten CDU-Führung. „Es ist für die Neuaufstellung das richtige Signal, jetzt nicht nur den Bundesvorsitzenden, sondern den gesamten Bundesvorstand neu zu wählen“, sagte Günther, der auch CDU-Landesvorsitzender ist, am Montag in Kiel.
Der stellvertretende Parteivorsitzende und Chef der CDU in Baden-Württemberg, Thomas Strobl, warb für eine Teamlösung an der Parteispitze. „Wir sind als CDU und als Union dann stark, wenn wir als Team auftreten – wenn wir an einem Strang ziehen und zwar in die gleiche Richtung“, sagte er nach den Beratungen in Berlin. Debatte um Mitspracherecht der Parteibasis
In der CDU war zuletzt strittig, wie groß die Rolle sein soll, die die Parteibasis bei dem anstehenden Generationenwechsel spielt. Mehrere Spitzenpolitiker forderten eine Mitgliederbefragung zum künftigen Parteivorsitz. Eine solche Befragung ist laut CDU-Statut möglich, sie hat für den entscheidenden Parteitag allerdings keine bindende Wirkung. Andere führende CDU-Politiker halten eine solche Befragung für problematisch, da sie bei einem unklaren Ergebnis Anlass für weitere Spaltung sein könnte.
Der Thüringer CDU-Chef Christian Hirte sagte, die CDU solle sich nicht unter Druck setzen lassen, „aber es ist klar, wir müssen relativ bald Klarheit schaffen, damit diese Unruhe in der eigenen Truppe nicht bestehen bleibt“. Die Parteispitze müsse zeitnah mit der Basis ins Gespräch kommen.
Der Berliner CDU-Vorsitzende Kai Wegner betonte, es dürfe „nie wieder der Eindruck entstehen, dass Stimmungen und Meinungen der Parteibasis ignoriert werden“. Nötig sei eine Debatte über einen „neuen, modernen Konservatismus“.
Die CDU/CSU war mit ihrem Kanzlerkandidaten Laschet bei der Bundestagswahl auf 24,1 Prozent abgestürzt, während die SPD mit 25,7 Prozent stärkste Kraft wurde.
Er verstehe „den Frust und die Wut“ von Abgeordneten, die trotz eines engagierten Wahlkampfes nicht in den Bundestag eingezogen seien, sagte Ziemiak. Die Fehleranalyse werde „brutal offen“ sein – „alle Themen müssen auf den Tisch kommen“.

dpa