2. November 2021, Berlin: Armin Laschet (l.), scheidender CDU-Bundesvorsitzender, kommt zu den Sondersitzungen von Präsidium und Bundesvorstand seiner Partei. Thema der Sitzungen in der CDU-Parteizentrale ist der Findungsprozess eines neuen Parteivorsitzenden. (dpa)
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Rund fünf Wochen nach der schweren Niederlage der Union bei der Bundestagswahl will die CDU-Führung die personelle Neuaufstellung in die Wege leiten. In Berlin werden Präsidium und Bundesvorstand am Dienstag über das Verfahren zur Neubestimmung des Parteivorsitzes beraten. Sie haben die Vorgabe, dazu eine Mitgliederbefragung durchzuführen. Eine Kreisvorsitzendenkonferenz hatte sich am Samstag mit großer Mehrheit hierfür ausgesprochen.
Fraglich ist, ob bei den Sondersitzungen bereits erste Bewerber ihre Kandidaturen offiziell anmelden werden. Ambitionen auf die Nachfolge von Parteichef Armin Laschet werden insbesondere dem früheren Unions-Fraktionschef Friedrich Merz, dem Außenpolitiker Norbert Röttgen und dem geschäftsführenden Gesundheitsminister Jens Spahn nachgesagt. Auch der Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann und Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus sind im Gespräch.

Bundesparteitag wird kompletten Bundesvorstand neu wählen
Diese fünf möglichen Bewerber nahmen am Montag an einer Klausurtagung der nordrhein-westfälischen CDU-Bundestagsabgeordneten in Bergisch Gladbach teil. Am Rande dürfte auch über die künftige personelle Aufstellung der Partei gesprochen worden sein.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident und CDU-Landeschef Daniel Günther verlangte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, dass in der neuen Führung „Frauen stark vertreten sein müssen“.
Laschet war erst im vergangenen Januar zum Vorsitzenden gewählt worden. Nach dem historisch schlechten Ergebnis von 24,1 Prozent bei der Bundestagswahl gibt er den Vorsitz ab. Ein per Mitgliedervotum ermittelter Nachfolger müsste noch durch einen Bundesparteitag offiziell gewählt werden. Bei diesem wird der gesamte Bundesvorstand zur Wahl stehen. Ziel der CDU ist es, diesen Prozess im Dezember oder im Januar abzuschließen.
Die Partei will schnell wieder handlungsfähig werden, weil bereits am 27. März im Saarland Landtagswahlen anstehen. Am 8. Mai wird dann in Schleswig-Holstein und am 15. Mai in Nordrhein-Westfalen ein neues Parlament gewählt. In allen drei Bundesländern stellt die CDU den Ministerpräsidenten. Niederlagen dort wie soeben im Bund würden die Probleme der Partei massiv vergrößern.
Generalsekretär Paul Ziemiak will in den Sitzungen von Präsidium und Bundesvorstand einen Vorschlag vorlegen, wie die Mitgliederbefragung über den Vorsitz – die erste in der Geschichte der CDU – ablaufen soll. Geklärt werden muss beispielsweise, ob es vorgeschaltete Vorstellungsrunden der Kandidaten geben soll.
Für die Befragung selbst sind mehrere Varianten vorstellbar. Das reicht von der Briefwahl über ein Online-Verfahren bis hin zur klassischen Urnenabstimmung in Kreisgeschäftsstellen. Als wahrscheinlich gilt eine Kombination von zwei oder drei dieser Verfahren, um Zeit zu gewinnen.

Wüst will rasch Klarheit über CDU-Spitze
Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst drückt bei der Neuaufstellung der CDU-Spitze aufs Tempo. „Mein Anliegen ist, dass wir schnell zu Entscheidungen kommen, damit schnell Klarheit da ist“, sagte Wüst am Dienstag beim Eintreffen zu den Beratungen der CDU-Spitzengremien in Berlin. „Die CDU ist nicht für Selbstbeschäftigung gegründet worden, sondern dafür, sich um die Anliegen der Menschen zu kümmern.“ Saar-Ministerpräsident Tobias Hans forderte einen Parteitag noch in diesem Jahr.
Wüst sagte auf die Frage, ob er noch an eine Teamlösung glaube: „Das muss man alles sehen. Heute geht es ums Verfahren. Und mein Anliegen ist, dass es dabei schnell voran geht.“ In der CDU wurde davon ausgegangen, dass der frühere Fraktionschef und Wirtschaftsexperte Friedrich Merz sowie der Außenexperte Norbert Röttgen große Ambitionen auf die Nachfolge von Laschet haben. Beide waren im Januar in einer Kampfabstimmung gegen den damaligen NRW-Ministerpräsidenten unterlegen. Als weitere mögliche Kandidaten wurden auch Gesundheitsminister Jens Spahn und Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus gehandelt.

Parteitag noch in diesem Jahr gefordert
Hans sagte, es brauche schnell einen Parteitag. „Es ist nicht akzeptabel, dass es bei den drängenden Fragen, die im Moment anstehen, alles den Koalitionären der Ampelkoalition überlassen wird. Die brauchen Kontrolle. Deswegen sollte der Parteitag auch in diesem Jahr stattfinden.“ Dies sei ambitioniert, aber machbar. „Es setzt vor allem auch voraus, dass sich Einzelinteressen jetzt mal zurückordnen und an erster Stelle die Partei steht.“ Es müsse ein Team gefunden werden, das bereit sei, die Partei in schwieriger Lage zu führen.
Er glaube nicht, dass es in der Opposition in der heutigen Zeit möglich sei, „dass man quasi sich die Bälle zwischen Fraktion und Parteivorsitz zuspielt“, warnte Hans. Es brauche auch eine starke Rolle der Länder und der Regierungschefs. Mehr zum Thema: CDU-Gremien beraten über Vorgehen - Wer tritt für Vorsitz an?

dpa