Archivbild: Reichtstagsgebäude / Photo: DPA (dpa)
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Nach der Großrazzia im „Reichsbürger“-Milieu rechnet Bundestagspräsidentin Bärbel Bas damit, dass die Sicherheitsmaßnahmen im Parlament strenger werden. „Ich möchte jetzt nicht ins Detail gehen, aber ich gehe schon davon aus, dass wir die Hausordnung und die Zutritts- und Verhaltensregeln noch einmal verschärfen werden“, sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Zugleich betonte sie, die Sicherheit der Abgeordneten sowie der Mitarbeiter sei gegeben. „Hier muss sich niemand Sorgen machen. Die Sicherheit des Hauses war zu jedem Zeitpunkt gewährleistet. Darauf lege ich Wert.“
Vor wenigen Tagen hatten die Sicherheitsbehörden bei einer Razzia 25 mutmaßliche „Reichsbürger“ festgenommen. 22 von ihnen wird vorgeworfen, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein, die das politische System stürzen wollte. Festgenommen wurde auch die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann. Mitglieder des rechten Netzwerks hatten laut Bundesanwaltschaft geplant, mit einer kleinen bewaffneten Gruppe gewaltsam in den Bundestag einzudringen. „Reichsbürger“ sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen.
Bas sagte, derzeit liefen Gespräche bei den Sicherheitsbeauftragten der Fraktionen. Diese hätten verschiedene Maßnahmen diskutiert, über die direkt am Anfang des kommenden Jahres entschieden werden solle.

Mehr Polizeipräsenz auf den Gängen des Hauses

„Mit Waffen in die Liegenschaften des Bundestages zu kommen, ist nahezu unmöglich“, betonte Bas zugleich. „Wir haben ja schon nach den Vorfällen auf den Treppen des Reichstagsgebäudes im August 2020 die Maßnahmen verschärft. Seitdem sind sie kontinuierlich angepasst worden.“ Es gebe jetzt zum Beispiel mehr Polizeipräsenz auf den Gängen des Hauses. Frühere Abgeordnete, die einen sogenannten Ehemaligen-Ausweis hätten, müssten jetzt wie andere Gäste auch durch die Sicherheitsschleuse gehen, um die Gebäude des Bundestages zu betreten. „Wir haben auch die Regeln für Gäste der Abgeordneten verschärft. Auch diese müssen angemeldet werden und werden überprüft. Und auch sie müssen durch die Sicherheitsschleuse gehen.“


Gäste ganz auszuschließen, lehnt die Bundestagspräsidentin ab. „Meine Botschaft ist: Der Deutsche Bundestag muss ein offenes Haus bleiben. Ich lege Wert darauf, dass Besucherinnen und Besucher den Bundestag weiterhin als Herzkammer unserer offenen Demokratie erleben können. Deshalb sind die Menschen uns auch weiterhin herzlich willkommen.“ Der direkte Austausch zwischen den Abgeordneten und den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort sei „ein hohes Gut“. „Besorgt und erschrocken“ nach Bekanntwerden der Umsturzpläne
Was ging Bas durch den Kopf, als sie erstmals von den Umsturzplänen hörte? „Zum einen war ich besorgt und erschrocken, wie konkret die Planungen möglicherweise schon waren. Deshalb sollte man die Gruppe auch nicht verharmlosen. Wir müssen die Feinde unserer Demokratie ernst nehmen.“ Auf der anderen Seite sei sie erleichtert gewesen, weil der Generalbundesanwalt und das Bundeskriminalamt die Gruppe rechtzeitig aufgedeckt hätten. „Ich habe mir gesagt: Wir haben eine wehrhafte Demokratie und aufmerksame Sicherheitsbehörden.“
Dass die AfD die Umsturzpläne als „Rollator-Putsch“ herunterspielt, kritisiert die SPD-Politikerin. „Ich glaube, hier liegt eine Gefahr vor, die wir sehr ernst nehmen müssen. Inwieweit die Gruppe in der Lage gewesen wäre, ihren Plan umzusetzen, das ist eine andere Frage. Aber ich will das nicht verniedlichen.“ Bas wies darauf hin, dass viele Abgeordnete gerade nach Reden im Plenum Bedrohungen und Anfeindungen erlebten. „Ich persönlich bin auch regelmäßig davon betroffen. Das hat schon zugenommen.“
Bas kann sich vorstellen, dass die Kluft zwischen der AfD und den anderen Fraktionen jetzt nochmals größer wird. „Die Frage ist, ob es tatsächlich Verbindungen zwischen der ‚Reichsbürger‘-Szene und der AfD-Bundestagsfraktion gibt.“ Sie gehe davon aus, dass die Behörden dies gerade ermittelten. „Für die Debattenkultur im Plenarsaal rufe ich aber alle Fraktionen zu Mäßigung und Respekt auf.“

dpa