23.02.2019, Baden-Württemberg, Heidenheim: Martin Hess spricht beim Parteitag der AfD Baden-Württemberg zu den Delegierten. (dpa)
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Der AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Hess soll nach dem Willen seiner Fraktion künftig den Bundestagsinnenausschuss leiten. Der 50-jährige Polizist aus Baden-Württemberg wurde am Dienstag von der AfD im Bundestag für den Posten nominiert. Vorsitzender des Gesundheitsausschusses soll der Wirtschaftsingenieur Jörg Schneider werden. Die Leitung des Ausschusses für Entwicklungszusammenarbeit soll der Diplom-Ingenieur Dietmar Friedhoff übernehmen.
Unklar ist aber noch, ob die genannten AfD-Abgeordneten die ihnen zugedachten Posten übernehmen können. Vor der Nominierung hatte es viel Kritik unter anderem von der Gewerkschaft der Polizei, Abgeordneten der CSU und der Linken gegeben. Die Kritik entzündete sich vor allem daran, dass die Ampel-Parteien der AfD den wichtigen Innenausschuss überlassen hatten, der sich etwa mit innerer Sicherheit und Migration beschäftigt. Auch dass die AfD in der Corona-Pandemie den Gesundheitsausschuss übernehmen soll, stieß auf Bedenken.
Die Vorsitzendenposten in den Ausschüssen werden nach einem ganz bestimmten Mechanismus vergeben: Die größte Fraktion darf sich zuerst einen Ausschuss aussuchen, dann die zweitgrößte, die drittgrößte und so weiter. Das geht über mehrere Runden, bis die Vorsitze der Ausschüsse verteilt sind. Der größten Oppositionsfraktion - jetzt die CDU/CSU - steht traditionell der Vorsitz im Haushaltsausschuss zu. Vor der AfD waren in der ersten Runde noch SPD, Grüne und FDP am Zug, die allerdings andere Ausschüsse wählten. So kam die AfD zu Innen, Gesundheit und Entwicklung. Normalerweise sind die Vorsitzenden damit gesetzt.
Nun wird es aber darauf ankommen, wie die anderen Fraktionen sich verhalten. Am Dienstag war zu hören, dass es in den Ausschüssen entgegen dem üblichen Verfahren auch zu Abstimmungen über den Vorsitz kommen könnte. Damit könnten die anderen Parteien die AfD-Vorsitzenden theoretisch verhindern.
Weidel: Jeder Fraktion steht ein Vorsitz zu
Fraktionschefin Alice Weidel sagte: „Jeder Fraktion steht nach einem gewissen Prinzip ein Vorsitz zu.“ Für den Fall, dass die AfD-Kandidaten in den Ausschüssen nicht gewählt werden sollten, sagte sie: „Dann werden wir natürlich zu unseren Kandidaten stehen. Wir werden uns von den anderen Fraktionen mit Sicherheit nicht vorschreiben lassen, welche Kandidaten wir hier aufstellen.“
Der ehemalige Chef des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Wahl der Ausschussvorsitzenden sei normalerweise nach der Nominierung durch die Fraktionen nur noch Formsache. „Da aber mittlerweile immer mehr Abgeordnete zu der Überzeugung gelangen, dass es ein Fehler war, ausgerechnet der AfD den Ausschuss anzuvertrauen, der auch für den Schutz unserer Verfassung vor dessen Feinden zuständig ist, kann ich mir gut vorstellen, dass dessen Mitglieder sehr genau darauf achten werden, wen die AfD hier vorschlägt.“
„Ich bin mir der großen Verantwortung des Amtes bewusst und werde es fair, sachlich und überparteilich ausüben“, sagte Hess. Etwaige Sicherheitsbedenken weise er in aller schärfster Form zurück. Er habe 27 Jahre Diensterfahrung und sei Polizeihauptkommissar. Er sei im Bereich der inneren Sicherheit mit entsprechender Fachkompetenz beschlagen.
Linke gegen AfD-Posten
Die Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali kündigte schon vor der Nominierung am Dienstag Widerstand an: „Ich kann nur eines sagen: Die Linke wird niemals einen Kandidaten der AfD für ein solches Amt unterstützen.“
Bundestagsausschüsse sind so etwas wie das Parlament im Kleinen. Sie sind entsprechend dem Kräfteverhältnis im Plenum besetzt und beraten über die Gesetzentwürfe ihres jeweiligen Bereichs. Sie hören Experten an und bringen die Gesetzentwürfe in eine Beschlussfassung, die dann vom Plenum verabschiedet werden kann. Die Ausschussvorsitzenden bereiten die Sitzungen vor, berufen sie ein, leiten sie und halten üblicherweise auch guten Kontakt zu den Behörden, der Innenausschussvorsitzende etwa zu den Sicherheitsbehörden.

dpa