Pedro Sánchez  (Reuters)
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Nach zwei Neuwahlen innerhalb eines Jahres wird Spanien in der kommenden Woche voraussichtlich wieder eine reguläre Regierung haben. Das Besondere: Es würde sich um die erste Koalitionsregierung in der neueren Geschichte des Landes handeln. Die Sozialisten des geschäftsführenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez wollen künftig gemeinsam mit dem linken Bündnis Unidas Podemos (UP) regieren - jedoch handelt es sich mehr um ein Zweckbündnis als um eine Liebesheirat. Für die Vereinbarung mussten beide Seiten Zugeständnisse machen, die besonders Sánchez vor wenigen Monaten noch kategorisch ausgeschlossen hatte. Die neue Regierung in Madrid würde von vornherein auf sehr wackligen Füßen stehen. Das hat nicht nur mit den politischen Differenzen zwischen der Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE) und UP zu tun, sondern vor allem mit den katalanischen Separatistenparteien, auf deren Unterstützung Sánchez ebenfalls angewiesen ist. Nach zähen Verhandlungen, die von heftiger Kritik der Opposition begleitet wurden, hatte die größte katalanische Partei Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) zugestimmt, sich beim Votum im Parlament über die Wahl von Sánchez der Stimme zu enthalten. Die ERC verfügt nach der Neuwahl vom 10. November über 13 Sitze im stark zersplitterten Parlament von Madrid. Dennoch wird Sánchez sehr wahrscheinlich im ersten Wahlgang am Sonntag scheitern, denn dabei benötigt er eine absolute Mehrheit von 176 Stimmen, die er nicht hat. Eine zweite Abstimmung fände laut Verfassung 48 Stunden später statt, also am Dienstag. Dann reicht dem Kandidaten eine einfache Mehrheit. Das würde wohl knapp klappen, wenn die Katalanen sich enthalten - zumal sich Sánchez die Unterstützung der baskischen Nationalisten (PNV) und anderer kleiner Regionalparteien gesichert hat. Die Debatte über die Investitur beginnt am Samstag. Wahrscheinlich muss sich Sánchez dabei wegen des Deals mit den Katalanen heftige Schelte gefallen lassen. Allerdings lässt der Inhalt der Vereinbarung, bei der es vor allem um einen möglichen Dialog bezüglich der Unabhängigkeitsgelüste der Region geht, verschiedene Interpretationsmöglichkeiten zu. Inwieweit die Regierung wirklich auf die Forderungen der Separatisten eingehen wird, ist fraglich. Da Sánchez aber auch künftig deren Unterstützung brauchen würde, um den Haushalt durchzubringen oder Gesetze zu verabschieden, könnte seine Regierung erneut von kurzer Dauer sein. Das ist schon einmal passiert - vor weniger als einem Jahr. Sánchez war im Sommer 2018 nach einem Misstrauensvotum gegen seinen konservativen Vorgänger Mariano Rajoy ins Amt gekommen. Aber schon im Februar 2019 musste er eine vorgezogene Wahl ausrufen, weil ihm die Katalanen beim Votum über den Etat die Unterstützung entzogen hatten. Seine Sozialisten gewannen zwar die Neuwahl im April klar, die absolute Mehrheit verpassten sie aber deutlich. Ende Juli scheiterte Sánchez mit dem Versuch, sich im Parlament als Chef einer Minderheitsregierung bestätigen zu lassen und rief im September eine weitere Neuwahl für November aus. Das Szenario hat sich seither kaum verändert - aber jetzt gibt es Hoffnung auf einen zumindest vorübergehenden Ausweg aus der politischen Blockade.

dpa