Zur Verteidigung der Ukraine appelliert Selenskyj an „kampferfahrene Europäer“. (dpa)
Folgen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Europäer mit Kampferfahrung aufgerufen, sein Land bei der Abwehr des russischen Großangriffs zu unterstützten. „Wenn Sie über Kampferfahrung in Europa verfügen und sich nicht mit der Unentschlossenheit der Politiker abfinden wollen, können Sie in unser Land kommen und sich uns anschließen, um Europa zu verteidigen“, erklärte Selenskyj am Freitag.

„Schrecklicher russischer Raketenbeschuss auf Kiew“

Russland hatte am Donnerstagmorgen mit einem Großangriff auf die Ukraine begonnen. Nach ihrem Einmarsch in die Ukraine rücken russische Truppen immer näher an die Hauptstadt Kiew heran. Das russische Militär griff nach Angaben der ukrainischen Armee am Freitag auch nordöstlich und östlich von Kiew an. Zuvor war die Hauptstadt am Morgen nach Angaben der Regierung erneut aus der Luft beschossen worden.

Russische Einheiten seien in der nordöstlich von Kiew gelegenen Stadt Tschernihiw von den Regierungstruppen zurückgedrängt worden, teilte die ukrainische Armee mit. Daher versuche die russische Armee nun, nach der Eroberung der weiter östlich gelegenen Stadt Konotop von dort aus auf Kiew vorzurücken.

Auch in der Hauptstadt selbst waren am Morgen laute Explosionen zu hören. „Schrecklicher russischer Raketenbeschuss auf Kiew“, erklärte Außenminister Dmytro Kuleba auf Twitter. Die ukrainische Armee zerstörte nach eigenen Angaben zwei Raketen über Kiew im Flug. Selenskyj warf der russischen Armee vor, bei ihren Angriffen auch auf zivile Gebiete zu zielen. „Sie sagen, dass zivile Objekte kein Ziel für sie sind. Aber das ist eine weitere ihrer Lügen“, sagte der Staatschef in einer Videoansprache am Freitagmorgen.

Sicherheit von Selenskyj „ein Schlüsselelement“

Russland müsse „früher oder später“ mit der Ukraine „sprechen“, um die Kämpfe zu beenden, fügte er hinzu. Der Präsident kündigte an, er werde in der ukrainischen Hauptstadt bleiben, auch seine Familie sei in der Ukraine. „Nach unseren Informationen hat der Feind mich als Ziel Nummer eins ausgemacht. Und meine Familie als das Ziel Nummer zwei,“ sagte er.

Frankreich bezeichnete Selenskyjs Sicherheit als „ein Schlüsselelement“ in der aktuellen Situation. „Wir können ihm helfen, falls es nötig wird“, betonte Außenminister Jean-Yves Le Drian. Die Bundesregierung sieht wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine das Leben von Selenskyj in großer Gefahr. „Es wäre naiv zu sagen, dass er sich nicht in Gefahr befindet", sagte der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. Selenskyj sei „ein sehr Mutiger“, sagte er weiter mit Blick auf dessen Entscheidung, trotz der Bedrohung in Kiew zu bleiben.

Die Nato hatte angekündigt, sie werde keine Truppen in die Ukraine entsenden, aber ihre Ostflanke verstärken. Selenskyj erklärte daraufhin, sein Land werde „allein gelassen“. Für Freitag wurde ein Nato-Krisengipfel einberufen. Auch der UN-Sicherheitsrat wird sich am Freitag mit einer Resolution zur Ukraine befassen.

AFP