Archivbild. 28. Februar 1997, Türkei, Ankara: Nach einer neunstündigen Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats wurde ein politischer Prozess eingeleitet, der die legitime Regierung des Landes de facto absetzen sollte. (AA)
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Der sogenannte Postmoderne Putsch in der Türkei jährt sich zum 25. Mal: Am 28. Februar 1997 wurde nach einer neunstündigen Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats ein politischer Prozess eingeleitet, der die legitime Regierung des Landes de facto absetzen sollte. Generäle des türkischen Militärs hatten mehrere Punkte als vermeintliche Gefahr für die demokratisch-laizistische Ordnung der Türkei eingestuft. Dabei ging es um den Libyen-Besuch des Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan (Wohlfahrtspartei) im Jahr 1996, die Förderung der D8-Allianz (Gruppe der acht Entwicklungsländer} sowie die Einladung religiöser Persönlichkeiten zum Fastenbrechen im Monat Ramadan. Von Seiten des Militär hieß es, man sei über das angeblich „islamistische Programm“ der Regierung besorgt. Bereits vor der Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates hatte es Versuche des türkischen Militärs gegeben, die Regierung einzuschüchtern. So rollten am 31. Januar Panzer durch die Straßen von Ankara. Der damalige Generalstabschef Çevik Bir nannte das eine Aktion zur „Stabilisierung der Demokratie“.

Archivbild. 04. Februar 1997, Türkei, Ankara: Panzer rollen durch die Straßen von Ankara. Der damalige Generalstabschef Çevik Bir nannte das eine Aktion zur „Stabilisierung der Demokratie“, Kritiker sprachen von einer offenen Putschdrohung. Am 28. Februar kam es schließlich zum „Postmodernen Putsch“. (AA)

Grundrechte über Jahre eingeschränkt Nach einer Sitzung am 28. Februar zwang der Nationale Sicherheitsrat den Ministerpräsidenten Erbakan zur Unterzeichnung einer Reihe von antidemokratischen Dekreten. Diese sahen ein Kopftuchverbot, die Schließung von Koranschulen und weitere Maßnahmen vor. Damit sollten die Grundrechte in der Türkei über Jahre hinweg beträchtlich eingeschränkt werden. Trotz aller demokratischen Widerstände musste Erbakan im Juni 1997 zurücktreten und wurde mit einem fünfjährigen Politikverbot belegt. Die neue Regierung setzte die Anordnungen des Militärs durch. Die Folge waren Suspendierungen praktizierender Muslime vom öffentlichen Dienst sowie Schließungen von Religionsschulen und Vereinen. Frauen mit Kopftuch wurde der Zugang zu Bildung verwehrt. Erst 16 Jahre nach dem „Postmodernen Putsch“ konnten die Drahtzieher zur Rechenschaft gezogen werden. Erbakan hingegen konnte, auch wegen seines Alters, nicht zu seiner alten politischen Stärke finden. Am 27. Februar 2011 verstarb Erbakan. Dennoch hat seine Person und seine Politik noch zahlreiche Anhänger in der Türkei. Für seine Fans war er ein großer politischer Anführer und eine Ikone für mehr Gerechtigkeit und Fairness in der Politik.

TRT Deutsch