München: Die Angeklagte Jennifer W., die sich der Terrormiliz Daesh im Irak angeschlossen haben soll, hält sich beim Betreten des Gerichtssaals einen roten Aktendeckel vors Gesicht. Foto: Peter Kneffel/dpa / Photo: DPA (dpa)
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Die deutsche Daesh-Rückkehrerin Jennifer W. ist in einem neuen Prozess vom Münchner Oberlandesgericht (OLG) am Dienstag zu 14 Jahren Haft verurteilt worden. Einer Gerichtssprecherin zufolge verhängte der zuständige Staatsschutzsenat dabei allein 13 Jahre Gefängnis wegen eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit in Form der Versklavung mit Todesfolge. Es ging um die Beteiligung von W. am grausamen Tod eines vom Daesh versklavten Mädchens.

Die aus Niedersachsen stammende W. war in einem ersten Prozess 2021 wegen dieses Verbrechens sowie wegen der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vom OLG zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Da das Gericht wegen des Todes des versklavten kleinen Mädchens damals von einem minderschweren Fall ausging, ging die Bundesanwaltschaft aber in Revision.

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil zu diesem Anklagepunkt im März dieses Jahres daraufhin wegen Rechtsfehlern auf, weshalb das OLG die Vorgänge rund um den Tod des versklavten Mädchens in einem zweiten Verfahren nun erneut aufrollen musste. Die Strafe wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung wurde hingegen rechtskräftig und nicht erneut verhandelt.

Jesidisches Kind versklavt, missbraucht und ermordet

W. war nach Feststellungen des OLG 2014 im Alter von 23 Jahren in das damalige Herrschaftsgebiet der Daesh in Syrien ausgereist und lebte dort mit ihrem ebenfalls für die Terrorgruppe aktiven Ehemann, der kurz zuvor eine jesidische Frau und ihre fünf Jahre alte Tochter als Sklavinnen gekauft hatte.

Mit ihrem Ehemann zog W. in den Irak. Die versklavte Jesidin musste für das Ehepaar im Haushalt arbeiten. Wie das OLG feststellte, misshandelte der Mann sie - teils auch nach Beschwerden von W. - häufig. Im August 2015 band er das Mädchen im Hof des gemeinsamen Wohnhauses bei großer Hitze in praller Sonne so lange an ein Fenstergitter, bis es starb. W. unternahm laut Urteil nichts dagegen.

Nach Angaben der Gerichtssprecherin verhängte das OLG für die Beteiligung von W. am Hitzetod des Mädchens nun eine Einzelstrafe von 13 Jahren Haft. Dazu kamen die rechtskräftig gewordene Einzelstrafe von zweieinhalb Jahren wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorvereinigung. Aus beiden Einzelstrafen bildete das Gericht eine Gesamtstrafe von 14 Jahren Haft.

Bei Rückkehr in den Irak festgenommen

Jennifer W. wurde 2018 zunächst nur wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland festgenommen, als sie versuchte, nach einem Aufenthalt in Deutschland erneut in den Irak einzureisen. Während der Fahrt im Auto erzählte sie laut Staatsanwaltschaft dem Fahrer von ihrem Leben bei der Terrormiliz Daesh. Dabei habe sie nicht gewusst, dass der Fahrer für den deutschen Geheimdienst arbeitete und abgehört wurde. Sie soll dem Fahrer erzählt haben, wie sie im August 2014 ihr Haus in Nordwestdeutschland verließ und sich auf den Weg in den Irak machte. Nach ihrer Ankunft, so die Staatsanwaltschaft weiter, schloss sie sich Daesh an und stieg bei der Terrororganisation rasch auf, bis sie Mitglied der sogenannten Hisbah, der Sittenpolizei, wurde und in den Parks von Falludscha und Mossul patrouillierte.

Der Mann, den Jennifer W. 2015 im Irak geheiratet hat, ist wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit der Versklavung der Jesiden und dem Tod des Mädchens angeklagt. Im April 2019 begann vor dem Oberlandesgericht München der Prozess gegen die deutsche Staatsangehörige Jennifer W. Der Prozess gegen den Iraker Taha Al J. begann 2020 in Frankfurt. Ein Jahr später wurde er als erstes Daesh-Mitglied wegen Völkermordes an den Jesiden verurteilt.

TRT Deutsch und Agenturen