04.05.2021, Russland, Moskau: Ein Soldat der russischen Armee, der eine Gesichtsmaske zum Schutz vor dem Coronavirus trägt, steht in einem Panzer. Dieser rollt im Rahmen einer Probe für die Militärparade zum Tag des Sieges auf dem Roten Platz in Moskau eine Straße entlang. (dpa)
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Die russische Truppenpräsenz entlang der Grenze zur Ukraine ist nach Einschätzung der Nato und der USA noch immer signifikant hoch. „Wir haben eine gewisse Reduzierung der Zahl der russischen Truppen erlebt, aber Zehntausende bleiben, und wir sehen auch, dass Russland viele Waffen und Ausrüstung dagelassen hat“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag am Rande von Gesprächen mit den Verteidigungsministern der EU-Staaten in Brüssel. Insgesamt gebe es „heute viel mehr russische Truppen in und um die Ukraine als vor dem jüngsten Anstieg der Spannungen“.
Ähnlich äußerte sich US-Außenminister Antony Blinken. Russland habe zwar einige Truppen von der ukrainischen Grenze abgezogen. „Bedeutende Kräfte“ seien aber weiterhin dort stationiert und ermöglichten Russland theoretisch innerhalb kurzer Zeit „aggressives Handeln“, sagte Blinken bei einem Besuch in der Ukraine, der bereits im Vorfeld als starkes Zeichen der US-Unterstützung für Kiew gewertet worden war.
Nach Einschätzung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj haben bislang nur 3500 russische Soldaten die 2014 von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim verlassen. An anderen Orten sei keine Verringerung der Truppenstärke zu beobachten. „Daher bleibt die Gefahr bestehen“, meinte er bei dem Treffen mit Blinken. Westlichen Militärexperten zufolge sind ständig etwa 28.000 russische Soldaten auf der Krim stationiert.
Nach einem großen russischen Truppenaufmarsch entlang der Grenze zur Ukraine hatte es zuletzt international die Sorge gegeben, dass der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine erneut eskalieren könnte. Moskau erklärte den jüngsten Truppenaufmarsch mit Militärmanövern. Vor rund zwei Wochen wurde angekündigt, dass daran beteiligte Soldaten wieder in ihre angestammten Militärbasen zurückkehren würden.
AKK kritisiert „Provokationen“
Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte, sie habe den klaren Eindruck, dass es eine Strategie der russischen Seite sei, „immer wieder zu versuchen zu provozieren“. Die Ukraine, aber auch die Nato und Europa seien gut beraten, sich auf dieses Spiel nicht einzulassen. Ob es sich bei den jüngsten Entwicklungen um eine „Scheinentspannung“ handele oder ob vonseiten Russlands wieder eskaliert werde, werde man in den nächsten Wochen sehen.
Blinken sicherte Kiew weiter Hilfe zu: „Wir arbeiten mit unseren Partnern daran, dass die Ukraine sich verteidigen kann“, sagte der US-Chefdiplomat. Er mahnte aber auch weitere Reformen an. Kiew müsse etwa Korruption bekämpfen und das Gerichtssystem reformieren.
Seit der russischen Annexion der Krim und der anschließenden Unterstützung kremltreuer Rebellen im Donbass sieht sich Kiew vom Nachbarstaat Russland in seiner Existenz bedroht. Russland wiederum bestreitet eine eigene Beteiligung an den Unruhen in der Region und erklärt den bewaffneten Aufstand zur Reaktion russischsprachiger Bevölkerungsteile auf eine ukrainische Politik der Entrussifizierung.

UN-Schätzungen zufolge sind im Konflikt in der Ostukraine bislang mehr als 13.000 Menschen getötet worden. Ein 2015 unter Beteiligung von Deutschland und Frankreich vereinbarter Friedensplan liegt auf Eis.
Trotz einer geltenden Waffenruhe sind allein seit Jahresbeginn im Konfliktgebiet rund 60 Menschen getötet worden. Erst am Donnerstag informierte die Armee wieder über einen toten und einen verwundeten Soldaten. Die Luhansker Separatisten hatten am Vorabend ebenfalls von einem Toten in ihren Reihen gesprochen.

dpa