Polizisten blockieren eine Straße vor Demonstranten während einer Kundgebung der belarussischen Opposition. (dpa)
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Nach massiver Gewalt gegen Demonstranten in Belarus (Weißrussland) hat die Opposition das Militär zur Abkehr von Machthaber Alexander Lukaschenko aufgerufen. „Man will Sie in einen Krieg gegen Ihr eigenes Volk hineinziehen“, schrieben die Bürgerrechtlerin Swetalana Tichanowskaja und der frühere Kulturminister Pawel Latuschko am Donnerstag an die Soldaten. „Lukaschenko hat keine Ressourcen mehr, um sich an der Macht zu halten.“ Die Streitkräfte sollten vielmehr dem Volk gegenüber loyal sein. Sie sollten nicht „den kriminellen Befehlen“ Folge leisten, heißt es in dem im Nachrichtenkanal Telegram verbreiteten Aufruf.

In Belarus kommt es seit der umstrittenen Präsidentenwahl am 9. August regelmäßig zu Protesten gegen Lukaschenko. Der 66-Jährige hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen nach 26 Jahren an der Macht erneut zum Sieger erklären lassen. Die Opposition sieht dagegen Tichanowskaja als wahre Gewinnerin an. Die Sicherheitskräfte gehen immer wieder brutal gegen friedliche Demonstranten vor. Allein am vergangenen Sonntag gab es rund 300 Festnahmen.

Kritik an dem Vorgehen der Behörden kam einmal mehr von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. „Indem die belarussischen Behörden Hunderte Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer friedlichen Demonstration offiziell als ‚Kriminelle‘ bezeichnen, zeigen sie ihre tiefe Missachtung der Menschenrechte und grundlegender Freiheiten“, teilte Amnesty mit.

Am Donnerstag endete die reguläre Amtszeit Lukaschenkos

Das US-Außenministerium forderte die Behörden in Minsk erneut auf, ihr Vorgehen gegen Demonstranten zu stoppen und den Forderungen des Volkes nach freien und fairen Wahlen unter unabhängiger Beobachtung Beachtung zu schenken, hieß es in einer Mitteilung.

Tichanowskaja traf indes am Donnerstag in Wien den österreichischen Kanzler Sebastian Kurz. Dabei sei über Wege zur friedlichen Lösung der politischen und wirtschaftlichen Krise gesprochen worden, teilte die 38-Jährige bei Telegram mit. Zugleich habe sie Kurz gedankt, dass er – wie auch andere EU-Staats- und Regierungschefs – Lukaschenko nicht mehr als Präsidenten anerkenne.

Am Donnerstag endete offiziell die reguläre Amtszeit des Machthabers, der von Gegnern als „letzter Diktator Europas“ bezeichnet wird. Lukaschenko hatte sich bereits Mitte September ohne Vorankündigung für eine sechste Amtszeit vereidigen lassen.Die EU hat wegen der anhaltenden Unterdrückung der Demokratiebewegung in Belarus Sanktionen gegen Lukaschenko verhängt. Die Strafmaßnahmen gegen den 66-Jährigen traten am Freitag mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

dpa