In Österreich hat der Nationalrat eine vorübergehende Senkung der Elektrizitätsabgabe beschlossen. „Wir sorgen schnell für spürbare Erleichterung“, sagte Kanzler Christian Stocker (ÖVP) am Dienstag im Parlament bei einer für das Gesetzesvorhaben einberufenen Sondersitzung. Die Maßnahme ist Teil eines 500 Millionen Euro teuren Pakets, um Stromkosten zu senken und die Inflation zu dämpfen. Für Unternehmen sinkt die Abgabe im kommenden Jahr auf 0,82 Cent von derzeit 1,15 Cent je Kilowattstunde (kWh), für private Haushalte auf 0,1 Cent je kWh.
Zudem werde ein Industriestrombonus von 150 Millionen Euro für die energieintensive Industrie zur Verfügung gestellt, sagte Stocker. Davon seien 45 Betriebe mit 50.000 Beschäftigten betroffen. Die Förderung sei an Auflagen gebunden: Ein Großteil müsse in die Steigerung der Energieeffizienz investiert werden.
Nach Berechnungen des Branchenverbands Österreichs Energie spart ein durchschnittlicher Haushalt mit der Senkung der Abgabe rund 60 Euro pro Jahr. Der Verband begrüßt den Schritt als positives Signal für den Standort, warnt aber vor einem „Jo-Jo-Effekt“: Die Senkung wirke zunächst inflationsdämpfend, könnte aber nach ihrem Auslaufen Ende 2026 zu neuen Preissprüngen führen.
Stocker bezeichnete die Maßnahme als „Einmaleffekt“, der Zeit für eine strukturelle Reform der Strompreisbildung schaffen soll. Ziel sei es, die sogenannte Merit-Order neu zu regeln, damit günstige erneuerbare Energie künftig stärker in den Preisen sichtbar wird. Bei der Merit-Order bestimmt das teuerste zugeschaltete Kraftwerk – meist ein Gaskraftwerk – den Preis.
Finanzierung aus Staatsbeteiligungen
Das Paket wird über Sonderausschüttungen staatlicher Unternehmen finanziert: 200 Millionen Euro stammen aus einer Sonderdividende des teilstaatlichen Stromkonzerns Verbund, weitere 200 Millionen aus Rücklagen der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) und 100 Millionen aus nicht ausgeschütteten Gewinnen der Staatsholding ÖBAG. Die ÖBAG verwaltet die Beteiligungen der Republik an großen Unternehmen, wie etwa dem Energiekonzern OMV, der Österreichischen Post oder dem Verbund. Von der Verbund-Sonderdividende profitieren auch andere Aktionäre wie die im Eigentum der Stadt Wien stehenden Wiener Stadtwerke sowie der mehrheitlich zum Land Niederösterreich gehörende Versorger EVN.
Während die Grünen dem Vorhaben zustimmten, kritisierte FPÖ-Chef Herbert Kickl die Maßnahme als „Mogelpackung“. Die Entlastung für Haushalte betrage „gerade einmal vier Euro pro Monat“, sagte er. Zudem sei die Abgabe für Unternehmen auch nach der Senkung noch deutlich über dem EU-Schnitt.
Inflation bleibt Herausforderung
Die Koalition aus konservativer ÖVP, sozialdemokratischer SPÖ und liberalen Neos will die Teuerung im kommenden Jahr auf zwei Prozent senken. Im November lag sie laut Statistik Austria bei 4,1 Prozent – doppelt so hoch wie im Eurozonen-Schnitt. Hohe Strompreise tragen dazu bei, obwohl Österreich rund 90 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Quellen deckt. Wegen der Merit-Order bestimmt jedoch oft ein Gaskraftwerk den Marktpreis. Stocker kündigte an, sich für eine Reform dieses Mechanismus bei der EU-Kommission einzusetzen.
Bereits vergangene Woche hatte der Nationalrat das „Billigstromgesetz“ beschlossen. Es sieht unter anderem einen Sozialtarif für einkommensschwache Haushalte vor, verpflichtet Energieversorger zur Weitergabe sinkender Großhandelspreise binnen sechs Monaten und ermöglicht im Krisenfall eine Preisdeckelung. Die nötige Zweidrittelmehrheit kam mit den Stimmen der Grünen zustande.













