Archivbild. 15.01.2020, Hamburg: Ein Container-Stapler ist auf dem Container Terminal Tollerort (CTT) der Hamburg Hafen und Logistik AG (HHLA) unterwegs. (dpa)
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Die globalen Investitionen Chinas, die im ersten Quartal des 21. Jahrhunderts ein Volumen von 2,13 Billionen Dollar erreicht haben, fokussieren sich in erster Linie auf Europa. Mit Investitionen in Höhe von 400 Milliarden Dollar auf dem gesamten Kontinent hat Peking in Bereichen wie Transport, Logistik und Immobilien in großem Umfang finanzielle Mittel bereitgestellt. Da Europa auch eine entscheidende Station auf der Neuen Seidenstraße ist, kamen viele chinesische Unternehmen und Investoren nach Europa. China, einer der größten Außenhandelspartner des europäischen Kontinents, hat mit seiner Produktionskapazität und seinen Investitionen großen Einfluss in der Region. Während das bilaterale Handelsvolumen die Marke von 850 Milliarden US-Dollar überstiegen hat, kaufen chinesische Unternehmen auf dem gesamten Kontinent namhafte europäische Unternehmen auf. Zahlreiche Agrarunternehmen in der Schweiz, Betriebe der Automobilindustrie in Schweden, der Technologiekonzerne in Deutschland und Unternehmen des Transportwesens in Frankreich und Großbritannien wechselten bereits in chinesische Hand. Während sich die Verantwortlichen der Europäischen Union gegen diese Übernahmen stellten, versuchten andere Staaten den zunehmenden Einfluss Chinas durch Hürden auszubremsen. Dennoch hat China durch vermehrte Investitionen in Osteuropa, im südlichen Mittelmeerraum und auf dem Balkan die Verbindung zu Kontinentaleuropa gestärkt.

Pekings Seepolitik, maritime Seidenstraße und europäische Häfen

China, das nunmehr seit zwei Jahrzehnten massiv in seine Marine investiert, hat in Bezug auf Streitkräfte und Flottengröße viele Staaten hinter sich gelassen. Die Gewährleistung der Sicherheit und Stabilität der Seewege, die mit der Entwicklung der Außenhandelsbeziehungen an Bedeutung gewannen, steigerte zudem die Leistungsfähigkeit der chinesischen Marine. Darüber hinaus machten zunehmende Konflikte im Südchinesischen Meer die Präsenz einer starken Marine notwendig. China, das über die weltweit größten Seehäfen, Produktionskapazitäten und Containerlager verfügt, misst damit einhergehend der Sicherheit der Meere eine noch größere Bedeutung bei. Auch die maritime Seidenstraße gehört zu den Ergebnissen der neuen Seepolitik Chinas. Schiffe, die von ostchinesischen Häfen starten, durchqueren Südasien, Indochina, Afrika und Westasien, um nach Europa zu gelangen. Die Regierung in Peking, das inzwischen den Betrieb von Häfen in verschiedenen Ländern verantwortet, ist bemüht, Bürokratie und Kosten bei der Durchfahrt der Schiffe zu reduzieren. Die Entwicklung des Außenhandels hat für China höchste Priorität, deshalb werden für die Sicherstellung der Anbindung der gekauften Häfen an Straßen-und Schienennetze finanzielle Hilfen angeboten. So sinken die Kosten und werden Erträge und Wettbewerbsfähigkeit Pekings gesteigert.

China, das mit seiner maritimen Seidenstraße darauf abzielt, den Handel mit der EU zu intensivieren, wird von der Europäischen Kommission als systemischer und strategischer Konkurrent definiert. Dabei legt das Land, das von der Straße von Malakka über Sri Lanka, Kenia, Dschibuti, Ägypten, Griechenland und Italien weltweite Konsumzentren erreichen will, großen Wert auf den Aufbau alternativer Handelsrouten. Insbesondere die Übernahme von Häfen in Israel, Griechenland, Italien, Frankreich und Spanien erhöht die wirtschaftliche Abhängigkeit der Region von China. Außerdem plant die Regierung in Peking, das im Rahmen des Projektes Neue Seidenstraße neue Produktionsstätten, Straßen-und Schienennetze sowie Handelszentren in osteuropäischen Ländern errichtet hat, den Export nach Westeuropa zu steigern. Deutschland und Frankreich hingegen, denen die wachsende Macht Chinas auf dem Kontinent ein Dorn im Auge ist, stehen chinesischen Investitionen inzwischen kritischer als zuvor gegenüber. Gleichzeitig gibt es viele westeuropäische Staaten, die den Verkauf strategisch wichtiger Konzerne im Land unter den Vorbehalt einer Genehmigung gestellt haben. Im Vergleich zu den Investitionen der USA und Kanada in Europa weiten sich chinesische Investitionen, Finanzierungsangebote und Projekte rasant auf dem Kontinent aus. China, das genau über die finanziellen Mittel verfügt, die von Staaten in Osteuropa und auf dem Balkan so dringend benötigt werden, versucht die Verbindung Europas mit Asien zu stärken. Damit lässt das Land hinsichtlich seiner Bedeutung und Macht im globalen System inzwischen Europa hinter sich.

Warum übernimmt Peking Häfen?

Die Regierung in Peking, die in verschiedenen Regionen Nordamerikas, Europas, Asiens und Afrikas Häfen betreibt, vollzieht die Übernahme durch staatliche Tochterunternehmen. Die Käufe über COSCO, eine gigantische Aktiengesellschaft, erleichtern zum einen den Außenhandel, zum anderen erhofft man sich dadurch die Verbesserung der bilateralen Beziehungen. Da jedoch der gegenwärtige Welthandel hauptsächlich über die Meere abgewickelt wird, rücken in Anbetracht dessen weitere Beweggründe für die chinesische Hafenstrategie in den Vordergrund. Zu diesen zählen die Erhöhung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit, die Reduzierung bürokratischer Prozesse und die Verbesserung der politischen Beziehungen im Einklang mit den Interessen Pekings. Während die USA der Übernahme des Hafens in Kalifornien durch China mit Bezug auf die nationale Sicherheit negativ gegenüberstehen, sprechen sich viele andere Staaten für eine Zusammenarbeit mit Peking aus. Denn die finanziellen Mittel Chinas sind im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gestiegen und zu einem der wichtigsten Instrumente der Weltwirtschaft geworden. Insbesondere für die von den Entwicklungsländern benötigten Investitionen bietet China mehr Unterstützung als andere Industrienationen. China, das die bilateralen Beziehungen durch Kredite, Zuschüsse und Spenden zu stärken versucht, schafft somit eine Alternative zur politischen und wirtschaftlichen Dominanz der USA und der EU. Während also die übernommenen Häfen den Außenhandel verbessern, schwächen sie gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit anderer Nationen gegenüber China. Diese Häfen, die sich für europäische Staaten wohl zu einem nationalen Sicherheitsproblem entwickeln dürften, erleichtern China in wirtschaftlicher Hinsicht den Zugang zum EU-Markt.

Die erworbenen Häfen haben nicht nur wirtschaftliche oder handelstechnische Bedeutung. Für die chinesische Marine, die in den letzten Jahren stark ausgebaut wurde, bergen sie ebenfalls großes Potenzial. Als Nation, welche die Betriebs- und Eigentumsrechte dieser Häfen übernimmt, macht Peking dadurch auch seine Marine zu einer globalen Macht. Zu diesem Zweck nahm China, das in puncto Militärstützpunkte, die für die Marineversorgung unverzichtbar sind, bisher nur an der ostasiatischen Küste aktiv war, seinen ersten Stützpunkt außerhalb Chinas in Dschibuti in Betrieb. Auch zum von COSCO in Griechenland übernommenen Hafen wurden Militärschiffe verlegt, womit Peking den diesen Seehäfen beigemessenen Wert unterstreicht. Folgerichtig löst Chinas besonderes Interesse an den Häfen in Europa Debatten hinsichtlich der nationalen Sicherheit der betroffenen Länder aus. In den kommenden Jahren wird China vermutlich auch auf anderen Kontinenten seine Investitionen ausweiten und scheint damit seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Europa in zahlreichen Branchen verbessern zu können.

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