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Rechter Terror wird zunehmend durch antimuslimische Ideologien motiviert. Das Christchurch-Attentat und andere Angriffe auf Moscheen verdeutlichen diese Annahme.

In Europa werden gewalttätige rechte Gruppen immer mehr als Gefahr wahrgenommen. So thematisiert der EU-Terrorismusbericht TE-SAT von Europol zwar die steigende Gefahr vonseiten rechtsextremistischen Terrors - die zentrale Bedeutung islamophober Haltungen in diesen rechtsextremen Kreisen wird jedoch in diesem Zusammenhang mit keinem einzigen Wort erwähnt. Tatsächlich spielt anti-muslimischer Rassismus für diese Gruppen eine zentrale Rolle in ihren Weltbildern. Seit 2015 gebe ich gemeinsam mit Enes Bayraklı den Europäischen Islamophobie-Bericht heraus, in dem wir zuletzt für das Jahr 2018 gemeinsam mit weiteren 37 Autoren 34 Länder untersucht haben. Eine der beunruhigendsten Entwicklungen in mehreren europäischen Ländern ist das Aktivwerden von rechten Untergrundorganisationen, die gewaltsame Pläne schmieden. Gewalttätige Angriffe auf Moscheen, wie sie für Deutschland dokumentiert werden, sind nur eine Seite dieser Gewalt - die steigende Anzahl terroristischer Angriffe die andere. Der Anschlag des Christchurch-Attentäters am 15. März 2019 hat der Weltöffentlichkeit veranschaulicht, wie eine Ideologie globale Verbreitung findet, wonach der weiße Mann vom Bevölkerungsaustausch durch nicht-weiße Menschen bedroht sei. Diese Verschwörung einer Verdrängung der einheimischen europäischen Bevölkerungen durch andere Menschen ist dabei nicht nur in rechtsextremen Gruppen anzufinden. Sie wird – in abgemildeter Form – auch von Politikern in führenden Machtpositionen verbreitet. Der ungarische Premierminister Viktor Orban spricht über eine Islamisierung Europas, die von dem „Juden“ George Soros geplant sei. Und gleichzeitig wird in Westeuropa von islamischen Parallelgesellschaften gesprochen, wie vor 100 Jahren vom Staat im Staat der Juden gesprochen wurde. Dieser radikalisierte öffentliche Diskurs zum „Islam“ kann zu einer Legitimierung der Verschwörungstheorien in rechtsextremen Kreisen führen. Zugleich verleiten die rassistischen Terroranschläge gegen Juden und Muslime zu Nachahmungen - wie Beispiele mitunter in Norwegen, in den USA und zuletzt in Schottland zeigen. Der Christchurch-Attentäter wurde bekanntlich als Einzeltäter betrachtet, wenngleich nicht nur seine finanziellen Spenden an die Identitäre Bewegung in Frankreich und Österreich thematisiert wurden, sondern gleichzeitig seine Verbindungen zu physischen Personen unbeleuchtet blieben. Mitglieder der zwischenzeitlich in Österreich verbotenen Identitären Bewegung wurden wegen Gewalthandlung wie einem Brandanschlag auf ein Asylheim angezeigt. 2019 wurde in Deutschland aber auch noch eine andere Dimension veranschaulicht: Mit der Ermordung des CDU-Politikers Walter Lübcke traf der Terror angestammte Politiker. Die Akteure scheinen auch hier weit vernetzt zu sein. Zuletzt hat die „TAZ“ ein rechtes Netzwerk in der Bundeswehr ausfindig gemacht. „Hannibals Schattenarmee“ soll Verbindungen zum Kommando Spezialkräfte (KSK) wie auch zum Verfassungsschutz haben. Dort sollen sich in dezentral organisierten Gruppen bundesweit wie auch über die Landesgrenzen hinweg in Nachbarländern wie etwa in Österreich und der Schweiz sogenannte Prepper auf den „Tag X“ vorbereiten. „Tag X“ steht für den Zusammenbruch der staatlichen Ordnung. Ehemalige Elitesoldaten, Personen aus einem österreichischen Ritterorden in Österreich sowie Soldaten, Reservisten und auch Polizisten tauschen sich dort aus. Listen mit mehr als 20 000 gekennzeichneten Personen wurden gefunden, die mitunter Namen von immigrationsfreundlichen Politikern enthalten. Hochrangige ehemalige Politiker wie ein Ex-Bundespräsident sind auch darunter. Nun wird diesbezüglich ein Terrorismus-Prozess vorbereitet, weil der Verdacht besteht, dass es sich dabei um eine Mordliste handeln könnte. Deutschland ist kein Einzelfall. In Frankreich versuchte die im Herbst 2017 formierte Action des Forces Operationnelles (AFO) hunderte Imame, muslimische Frauen und Moscheen im Sommer 2018 anzugreifen. Die Führung hatte ein pensionierter Polizist inne. Die AFO hat Verbindungen zu den „Freiwilligen Frankreichs“, die gegen die „Islamisierung Frankreichs kämpfen“ und die „französische Identität verteidigen“. Die französische Polizei hat die Pläne der AFO zwar noch verhindern können, der Gruppe werden aber circa 100 Personen zugerechnet - wobei ungefähr 350 Rechtsextreme, die Schusswaffen besitzen, von den Sicherheitsbehörden beschattet werden. Diese Beispiele verdeutlichen: Rechtsextremer Terror mit islamophobem Unterbau gewinnt an Dynamik und sollte nicht unterschätzt bleiben.

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