Archivbild. Der Eurofighter, der unter anderem von der deutschen Luftwaffe eingesetzt wird. / Photo: DPA (dpa)
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Als einer der weltweit führenden Waffenexporteure sieht sich Deutschland aufgrund seiner Handelsaktivitäten in diesem Sektor häufig Kritik ausgesetzt. In jüngster Zeit hat der stetige Rückgang der Waffenexporte von Deutschland nach Türkiye Aufmerksamkeit erregt. Bevor man die Ursachen hierfür analysiert, ist es angebracht, genau zu betrachten, welchen Anteil Deutschland an der globalen Rüstungsindustrie hat und welche Länder Hauptempfänger deutscher Waffen sind.

Deutschlands Rolle im globalen Waffenmarkt

Laut Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI gehört Deutschland zu den fünf führenden Ländern in der Rüstungsindustrie weltweit. An der Spitze der globalen Rüstungsindustrie stehen die USA mit 40 %, gefolgt von Russland mit 16 %, Frankreich mit 11 %, China mit 5 % und Deutschland mit 4,2 %. Insbesondere aufgrund des Russland-Ukraine-Krieges ist der deutsche Waffenexport gestiegen. 2022 erreichte Deutschland den zweithöchsten Waffenexport seiner Geschichte. Demnach genehmigte Deutschland im Jahr 2022 Waffenexporte im Wert von 8,35 Milliarden Euro. Der höchste Export fand 2019 statt und betrug 9,35 Milliarden Euro. Für das Jahr 2023 wird erwartet, dass Deutschland eines der höchsten Exportvolumen seiner Geschichte erreichen wird. Die Bundesregierung hat in den ersten neun Monaten des Jahres 2023 Exporte von Verteidigungsprodukten im Wert von insgesamt 8,76 Milliarden Euro genehmigt. Diese Summe übersteigt den Gesamtexport von 8,36 Milliarden Euro aus dem Jahr 2022. Im Jahr 2022 genehmigte Deutschland Waffenexporte in Höhe von etwa 2,24 Milliarden Euro an die Ukraine. Nach der Ukraine sind die Niederlande mit 1,83 Milliarden Euro die größten Empfänger deutscher Waffenexporte, gefolgt von den USA mit 864 Millionen Euro, dem Vereinigten Königreich mit 453 Millionen Euro und Ungarn mit 249,2 Millionen Euro. Auf Ungarn folgen Australien mit 196,1 Millionen Euro, Singapur mit 175,1 Millionen Euro und Südkorea mit 166,5 Millionen Euro.

Ein bemerkenswerter Aspekt der deutschen Waffenexportzahlen ist der Verkauf von Waffen und militärischer Ausrüstung im Wert von 4,34 Milliarden Euro an Ägypten im Jahr 2021, als Deutschland einen Exportrekord aufstellte. Ein weiteres bemerkenswertes Detail ist der fast zehnfache Anstieg der deutschen Waffenexporte an Israel aufgrund des israelisch-palästinensischen Konflikts. In den ersten zehn Monaten des Jahres 2023 wurden Waffen und militärische Ausrüstung im Wert von 303 Millionen Euro von Deutschland nach Israel verkauft, was einem fast zehnfachen Anstieg im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2022 entspricht. Die Länder, in die Deutschland seit 2011 am meisten Waffen exportiert hat, sind in absteigender Reihenfolge Südkorea, die USA, Ägypten, Israel, Griechenland, Algerien, Saudi-Arabien, Italien, Katar und Spanien.

Waffenhandel zwischen Deutschland und Türkiye und Berlins Doppelmoral

Bis zum gescheiterten Militärputsch am 15. Juli 2016 in Türkiye bestand ein durchschnittliches Niveau des Waffenhandels zwischen Ankara und Berlin. Nach dem Putschversuch in Türkiye im Jahr 2016 und den Operationen gegen Terrororganisationen an der syrischen Grenze begann Deutschland damit, den Waffenexport nach Türkiye zu reduzieren. Diese Frage kam zuletzt während des Besuchs des türkischen Präsidenten Erdoğan in Deutschland auf. Ein kritischer Punkt zwischen den beiden Ländern ist der Eurofighter-Kampfjet, bei dem Deutschland zusammen mit Italien, Spanien und Frankreich eines der vier Herstellerländer ist. Im Gegensatz zu den anderen drei Ländern lehnt Deutschland den Export dieser Kampfjets nach Türkiye ab. So wurde für 2023 nur ein Waffenexport von 1,2 Millionen Euro nach Türkiye genehmigt. Diese Situation zeigt die Doppelmoral Deutschlands im Waffenhandel. Einer der Hauptgründe dafür sind die Operationen von Türkiye in Syrien, bei denen es von Deutschland bezogene Panzer einsetzt.

Gegen wen kämpft Türkiye in Syrien? Gegen die PKK, die auch in Europa als Terrororganisation eingestuft wird. Eigentlich sollte Deutschland als NATO-Partner Türkiye im Kampf gegen Terrororganisationen unterstützen, tut aber das Gegenteil und stellt sich gegen Türkiye. Ein weiteres Beispiel für die Doppelmoral Deutschlands ist der Umgang mit Ägypten und Saudi-Arabien. „Wir verkaufen keine Waffen in Konfliktgebiete“, verspricht die Bundesregierung, liefert jedoch Patrouillenboote an Saudi-Arabien. Ebenso bemerkenswert ist, dass Deutschland, das Waffenexporte stets mit Menschenrechten und Demokratie verknüpft, in Rekordhöhe Waffen an Ägypten liefert, dessen Regierung in Deutschland oft wegen Menschenrechtsverletzungen kritisiert wird.

Die Doppelmoral der deutschen Politik zeigt sich auch in den Konflikten zwischen der Ukraine und Russland sowie Israel und Palästina. Statt keine Waffen in Konfliktgebiete zu exportieren, nutzt Deutschland diese Konflikte aus und erhöht seine Waffenexporte. Die Doppelmoral Deutschlands in Bezug auf Waffen beschränkt sich nicht nur auf diese Beispiele. Die Zeitung „Bild“ bezeichnete die türkischen Drohnen im Karabach-Krieg als „Der unheimliche Erfolg von Erdoğans Killerdrohne“, während sie im Ukraine-Russland-Konflikt als „Die Waffen der Hoffnung“ dargestellt wurden.

Türkische Verteidigungsindustrie wächst mit rekordbrechenden Erfolgen

Trotz der Doppelmoral Deutschlands, das den Waffenverkauf an Türkiye einschränkt, steigt die türkische Rüstungsindustrie weiter an. Unter dem Motto der „nationalen und heimischen“ Politik und Produktion von Präsident Erdoğan hat Türkiye seine nationale Waffenproduktion gesteigert und den Waffenexport zwischen 2018 und 2022 um 69 % erhöht. Dadurch ist der globale Marktanteil von Türkiye in diesem Handel im Zeitraum 2018 bis 2022 um 0,5 % gestiegen. Besonders unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs) und Kampfdrohnen spielen in den letzten Jahren eine wichtige Rolle.

Der Gesamtexport von Waffen aus Türkiye macht 1,1 % des weltweiten Waffenexports aus, womit Türkiye das zwölftgrößte Exportland von Waffen ist. Laut einem Bericht des SIPRI gehören vier türkische Unternehmen zu den 100 weltweit führenden Waffenverkäufern und sind unter den am schnellsten wachsenden Unternehmen. ASELSAN steht auf Platz 60, Baykar auf Platz 76, die türkische Luft- und Raumfahrtindustrie (TUSAŞ) auf Platz 82 und Roketsan auf Platz 100.

Wie erreichte Türkiye diese Wachstumsraten? In der Vergangenheit importierte Türkiye Waffen hauptsächlich aus Israel und den USA, konnte jedoch in der Verteidigungsindustrie nicht aktiv genug sein, da diese Länder keine ausreichende Ersatzteilunterstützung boten. Türkiye hat sich daher darauf konzentriert, eine vollständig unabhängige Verteidigungsindustrie aufzubauen, um eigene Verteidigungstechnologien zu entwickeln. Diese Strategie hat das Land zu einem der führenden Waffenexporteure der Welt gemacht. Kürzlich reagierte Präsident Erdoğan während seines Besuchs in Deutschland scharf auf Aussagen, dass Deutschland keine Eurofighter an Türkiye verkaufen werde. Er betonte, dass Türkiye nicht von Eurofightern abhängig sei und alternative Flugzeuge finden könne. Zusätzlich wird weiter an den einheimischen und nationalen Kampfflugzeugprojekten KAAN und BAYRAKTAR KIZILELMA gearbeitet. Türkiye wird wahrscheinlich in naher Zukunft seine eigenen nationalen Kampfflugzeuge produzieren.

Wenn Deutschland keine Waffen an Türkiye exportiert, produziert Türkiye diese selbst

Der Grund, warum Deutschland keine Waffen an Türkiye exportiert, liegt nicht in der Demokratie oder Ähnlichem. Deutschland schwächt sich in der globalen Politik zunehmend und ist durch die Stärkung von Türkiye beunruhigt. Schließlich wird die Demokratie in den Ländern, in die Deutschland Waffen exportiert, wie Ägypten und Saudi-Arabien, bereits in Frage gestellt. Deutschland fühlt sich gestört von einer in Syrien, Karabach, im Ägäischen Meer, in Libyen und Zypern aktiven Türkiye. Die Bundesregierung hofft, dass Türkiye, wie in der Vergangenheit, eine deutlich begrenztere internationale Politik betreibt. Jedoch exportiert Türkiye Verteidigungsindustrieprodukte an etwa 170 Länder und hat mehr als 230 verschiedene Produkte. Mit einem Exportziel von sechs Milliarden Euro im Jahr 2023 zeigen diese Zahlen, dass Türkiye trotz aller Hindernisse weiterhin ein globaler Akteur in der Rüstungsindustrie bleiben wird.

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