Geld (Symbolbild) / Foto: DPA (dpa)
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Nach Jahrzehnten niedriger und stabiler Inflation erlebt Deutschland seit der Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine einen Inflationsschub. Die durchschnittliche Verteuerung des täglichen Lebens hat im vergangenen Jahr einen Wert von 5,9 Prozent im Jahresvergleich erreicht. Das ist der zweithöchste Wert seit der Wiedervereinigung. 2022 waren die Verbraucherpreise im Schnitt um 6,9 Prozent gestiegen, was den Höhepunkt seit dem Mauerfall markierte. Eine ähnlich hohe Inflation wie 2023 gab es in Deutschland zuletzt Anfang der 1980er-Jahre und davor von Anfang bis Mitte der 1970er-Jahre.

Inflation zieht wieder an

Zuletzt schwächte sich die Teuerungsrate fünf Monate in Folge ab, ging allerdings am Jahresende wieder deutlich nach oben. Das Statistische Bundesamt teilte Anfang Januar mit, dass die Teuerungsrate im letzten Monat des Jahres bei 3,7 Prozent lag, nachdem sie 3,2 Prozent im November, 3,8 Prozent im Oktober und 4,5 Prozent im September betragen hatte. Die Statistiker erklärten: „Auf die Entwicklung der Energiepreise (plus 4,1 Prozent zum Vorjahresmonat) wirkte im Dezember 2023 ein Basiseffekt infolge der sogenannten ‚Dezember-Soforthilfe‘, in deren Rahmen der Bund im Dezember 2022 einmalig den Monatsabschlag der privaten Haushalte für Gas und Wärme übernommen hatte.“ Diese Maßnahme der Bundesregierung habe sich im Dezember 2022 dämpfend auf den Gesamtindex ausgewirkt, was dazu führte, dass die Teuerung im Dezember 2023 einen steigernden Effekt hatte. Die Übernahme der Energiekosten durch den Staat hatte das Preisniveau also künstlich gesenkt.

Was 2023 teurer und was günstiger wurde

Neben den gestiegenen Energiekosten spürten die Menschen die Inflation besonders bei Lebensmitteln. Im November 2023 entsprach die Preissteigerung bei Lebensmitteln und alkoholfreien Getränken nach den Daten des Statistik-Portals „Statista“ im Vergleich zum Vorjahr 5,8 Prozent. Der Preis für Obst stieg auf Jahressicht um durchschnittlich 12 Prozent und der für Gemüse um 7,3 Prozent. Im September waren vor allem Zucker, Marmelade, Honig und andere Süßwaren (plus 15,3 Prozent) sowie Brot und Getreideerzeugnisse (plus 12 Prozent) noch deutlich teurer als im Vorjahresmonat. Im Gesamtjahr 2023 zahlten beispielsweise die Bürger in Berlin satte 15 Prozent und die Verbraucher in Brandenburg sogar über 17 Prozent mehr für ihr Brot. Daten des Statistischen Bundesamts zeigen, dass gerade bei Olivenöl (plus 43,5 Prozent), Frucht- und Gemüsesäften (plus 18,6 Prozent) sowie Obstkonserven (plus 16,6 Prozent) die Preisrallye auch im letzten Jahr weiterging. Hingegen fielen die Preise für Vollmilch (minus 7,7 Prozent), Sonnenblumen- und Rapsöl (minus 17,3 Prozent) und Butter (minus 24,8 Prozent) deutlich. Dank des 49-Euro-Tickets zahlten die Verbraucher für Personenbeförderungsleistungen beispielsweise im November 2023 im Vergleich zum Vorjahresmonat 22,7 Prozent weniger.

Inflationsprognosen für 2024

Die Prognosen der Wirtschaftsexperten für 2024 sind gedämpft optimistisch: Für Europas größte Volkswirtschaft erwartet unter anderem der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung („Wirtschaftsweise“) für dieses Jahr eine durchschnittliche Inflation von 2,6 Prozent. Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien, gibt eine ähnliche Abschätzung ab: „Die Inflationsdynamik in Deutschland ist gebrochen, und die Zeit wirklich hoher Inflationsraten ist vorbei“, so der Ökonom. Dullien rechnet damit, dass die Teuerungsrate im Gesamtjahr 2024 bei 2,5 Prozent liegen wird. Das Ifo-Institut in München rechnet für dieses Jahr zuversichtlich mit einer durchschnittlichen Preissteigerung von 2,2 Prozent. Laut Economic Experts Survey, einer vierteljährlichen Umfrage des Ifo-Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik, erwarten die Volkswirte für Deutschland eine Inflationsrate von 3,4 Prozent. Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) und das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) gehen beide von einer durchschnittlichen Teuerung von 3,0 Prozent für 2024 aus. Die EU-Kommission (plus 3,1 Prozent) und der Internationale Währungsfonds (plus 3,5 Prozent) prognostizieren dagegen einen deutlich höheren Inflationswert für das Gesamtjahr. Die optimistischste Prophezeiung kommt vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, das von einem Preisauftrieb von 2,0 Prozent ausgeht.

IMK: Halbes Jahrzehnt wirtschaftlich verloren

„Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird in diesem Jahr um 0,3 Prozent schrumpfen, so wie schon 2023. Ende 2024 könnte das BIP so wieder auf dem Niveau von 2019 landen, unmittelbar bevor die Corona-Pandemie ausbrach. Deutschland hätte damit wirtschaftlich ein verlorenes halbes Jahrzehnt erlebt und wichtige Zeit verloren, um Wohlstand und Arbeitsplätze auf dem Weg in eine klimaverträgliche Zukunft zu erhalten“, heißt es in der wirtschaftspolitischen Analyse des Instituts für IMK zum Jahresauftakt.

Sorge um die Zukunft

Unsere Sorgen aus den vergangenen Jahren werden nicht kleiner. Die Angst vor dem wirtschaftlichen Abstieg und der Unsicherheit auf der Welt bleibt weiterhin bestehen. Die weltweiten Kriege bedrohen nicht nur die Konfliktparteien selbst, sondern die Sicherheit auf dem ganzen Erdball. Auch unsere anfällige Wirtschaft, die empfindlichen Lieferketten oder unsere labile Energieversorgung können durch diese Kriege und Konflikte in Mitleidenschaft gezogen werden. Die wirtschafts-, finanz- und haushaltspolitischen Belastungen steigen und werden wohl auch das Jahr 2024 dominieren, da wir uns inmitten einer tiefgreifenden Transformation befinden. Wir müssen mit weiteren Einschränkungen rechnen. Die Menschen sind zurecht verunsichert, und nicht wenige fragen sich heute, wie es weitergeht. Die Inflation sowie die steigenden Kosten für das Heizungsgesetz, das Ende der Preisbremsen bei Gas und Strom, steigende Kosten für Mieten und Lebensmittel, die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Gaststätten oder die höhere Ticketsteuer ab Mai, alle diese Maßnahmen führen zu immer größeren Belastungen. Genauso sorgen sich viele traditionsreiche Unternehmen um ihre Existenz. Insolvenzen gehören bereits zum Alltag. Armut, Hunger und Elend nehmen auch bei uns zu. Befinden wir uns nach der Zeitenwende jetzt also im Krisenmodus?

Wie geht es weiter mit der Inflation?

Die geplanten Steueranhebungen für Landwirte und die Anhebung der CO₂-Abgabe für fossile Energieträger, die zum Jahreswechsel 2024 von 30 auf 45 Euro pro Tonne gestiegen ist, werden die Inflation dieses Jahr weiter befeuern. Die Zeche für die Kostensteigerungen zahlen letztlich die Endverbraucher. Somit wird sich die Kostenabwälzung negativ auf die Nachfrage und den Konsum auswirken, was wiederum die Rezession vorantreiben könnte. Eigentlich müsste die Regierung dafür sorgen, dass die Gesamtnachfrage wie auch der Umsatz von Unternehmen gesteigert werden. Leider bewirken die Maßnahmen das Gegenteil. Auch die Benachteiligungen durch die Inflation müssen sozialverträglich abgefedert werden. Das Gießkannenprinzip der Ampelkoalition, das auch Menschen begünstigt, die es überhaupt nicht nötig haben, ist alles andere als ein sozialer Lösungsweg. Diese Schieflage muss den Verantwortlichen auffallen. Und obendrein wird dadurch nicht nur die Geldentwertung vorangetrieben, sondern auch der Staatshaushalt durch immer mehr Schuldenaufnahmen destabilisiert.

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