Leben und Kontakt zum Osmanischen Reich
Murad Efendi wurde als Sohn eines deutsch-kroatischen Großgrundbesitzers und einer Wienerin am 30. Mai 1836 in Wien geboren. Er verbrachte seine frühe Kindheit in Zagreb/Kroatien und wurde nach dem Tode seiner Mutter zu seiner Großmutter nach Wien geschickt. Seine Kindheit war unter anderem durch Erzählungen über die Erlebnisse seines Großvaters im Krieg gegen die Türken und Napoleon sowie sein Interesse für Theater und Französisch geprägt.
1853 trat Murad Efendi der Militärischen Akademie als Kadett bei, beendete jedoch seine Karriere ein Jahr später im Krimkrieg, da er in die Osmanische Armee übertrat. Dort diente er zwischen 1854 und 1858 in der nicht-muslimischen Einheit unter dem Polen Michael Czaikowski (bekannt als Mehmet Sadik Pasa). Während dieser Zeit änderte er seinen Namen in Murad Efendi um. In seinem Werk „Türkische Skizzen“ berichtet er ausführlich über seine Zeit in der Osmanischen Armee.
Nachdem er die Armee verlassen hatte, arbeitete er aufgrund seiner Sprachgewandtheit zunächst im Außenministerium, danach im Innenministerium, um schließlich wieder zurück ins Außenministerium zu wechseln. Währenddessen besuchte er unter anderem Bosnien und Herzegowina, Sizilien, Thessaloniki, Bitola, Bukarest, Athen sowie weite Teile Anatoliens. In nur vier Jahren lernte er Türkisch und Persisch. 1864 wurde er in die Botschaft nach Ungarn versetzt und im Anschluss nach Rumänien. Wohin auch immer er entsandt wurde, Murad Efendi war immer sehr darum bemüht, Kontakte zu Kreisen aus der Kunst- und Literaturwelt zu knüpfen. Seit seinem Aufenthalt im Osmanischen Reich begann sich Murad Efendi mehr für Poesie zu interessieren. Er widmete sich mehr der Dichtung als der diplomatischen Tätigkeit und wurde als eine äußerst sympathische Person wahrgenommen. Schließlich lernte er in Rumänien die Schauspielerin Henriette Ebel kennen, die er 1866 heiratete. Aus dieser Ehe wurden 1869 sein Sohn Gaston und 1874 seine Tochter Elenora geboren. Das jeweilige Haus des Paares wurde während ihres Aufenthaltes in vielen europäischen Ländern zu einem Zentrum des gesellschaftlichen Treffens aus Kunst und Literatur.
1873 wurde er Generalkonsul in Venedig, 1874 für dieselbe Tätigkeit nach Dresden versetzt. Während seiner Zeit als Generalkonsul wurden unter anderem seine Werke „Mirebeau“, „Professors Brautfahrt. Lustspiel“, „Durch die Vase“ und „Nasreddin Hodscha“ (auch „türkischer Till Eulenspiegel“ genannt) veröffentlicht.
Aufgrund des türkisch-serbischen Krieges wurde er 1877 zurück nach Istanbul beordert und zum Ministerresidenten an den Höfen von Den Haag und von Stockholm ernannt. 1880 ernannte man ihn zum dortigen bevollmächtigten Minister und außerordentlichen Gesandten. Murad Efendi erlangte innerhalb der schwedischen, der holländischen wie auch der österreichischen Königsfamilie Beliebtheit, weshalb er mit diversen Orden ausgezeichnet wurde.
Murad Efendis Werke
Murad Efendi publizierte mehr als 18 Werke, darunter 12 Theaterstücke, 4 Gedichtsammlungen, ein Reisebuch und eine Übersetzung von Nasreddin Hodscha.
Sein berühmtestes Werk sind die „Türkischen Skizzen“ (1877), Reiseberichte, welche die Unterschiede wie auch die Berührungspunkte zwischen Osten und Westen beschreiben. In diesem Werk lobt Murad Efendi das Osmanische Reich nicht, noch beleidigt er es. Er bemüht sich um eine möglichst objektive Darstellung seiner Beobachtungen auf seinen Reisen. Das 247-seitige Werk besteht aus zwei Bänden: Im ersten Band beschreibt der Autor die Landschaften der Türkei sowie die von Zypern und von Bosnien und Herzegowina, im zweiten geht er auf die osmanische Regierungsform sowie auf soziokulturelle Normen im Osmanischen Reich ein.
1871 wurde seine erste Tragödie „Selim III“ aufgeführt. „Marino Faliero“ und „Ines de Castro“ folgten nach. 1874 wurde seine Komödie „Mit dem Strom“ publiziert. Noch im Jahr seines Todes wurden drei Bände seiner Gesammelten Werke vom Verlagshaus Brill publiziert.
Sein Hauptanliegen
Am 12. September 1881 wurde Murad Efendi von seiner Haushaltshilfe in Den Haag tot aufgefunden; am 17. September wurde er auf dem katholischen Friedhof im selben Ort beerdigt.
Wie Joseph von Hammer-Purgstall ist auch Murad Efendi leider nur den wenigsten Österreichern bekannt. Die einzige seriöse Biographie von Murad Efendi ist die Dissertation von Heinrich Ziegler aus dem Jahre 1912, die den Titel „Murad Efendi (Franz von Werner). Eine Biographie und Würdigung seiner dramatischen Werke“ trägt.
Auf Seite 49 der „Türkischen Skizzen“ schreibt Murad Efendi, dass diverse Herausforderungen ihn als Österreicher dazu veranlasst haben, sich mit den Osmanen näher auseinanderzusetzen. Er gibt zu, dass der Westen das Osmanische Reich nicht wirklich verstehe, nicht wirklich bemüht sei, das Reich und die Kultur zu verstehen und stattdessen eher Vorurteile gegenüber dem Osmanischen Reich und seiner Bevölkerung kreiere und verbreite. Abschließend fügt er noch hinzu, dass diejenigen, die die Osmanen kennen würden, sie auch respektieren würden, selbst wenn sie verärgert über sie seien. Daher war es für ihn ein Hauptanliegen, als jemand, der im Osmanischen Reich gelebt hat, sowohl das wahre Osmanische Reich in seinen Werken darzustellen als auch es in seiner diplomatischen Funktion zu repräsentieren.
Wieder ein unbekannter Brückenbauer, von dem PolitikerInnen viel zu lernen haben, und über den es den nachfolgenden Generationen ausführlich zu berichten gilt.

















