Archivbild. Die Beerdigungszeremonie für die Opfer des 20. Januar in Baku / Photo: AA/Ferid Eşrefoğlu/Azerbaycan Fotoğrafçılar Birliği (AA/Ferid Eşrefoğlu/Azerbaycan Fotoğrafçılar Birliği)
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Am 20. Januar 2023 begehen die Aserbaidschaner mit ehrenvollem Gedenken den 33.
Jahrestag des „Schwarzen Januars“, eines Tages, an dem über 26.000 sowjetische Militärangehörige Aserbaidschans Hauptstadt Baku stürmten und ein brutales Massaker an der Zivilbevölkerung verübten. In jener Nacht vom 19. auf den 20. Januar 1990 wurden Hunderte von Menschen getötet oder verwundet, darunter Kinder, Frauen und ältere Menschen.

Dem Schwarzen Januar ging eine Reihe von Ereignissen mit tragischen Folgen für Aserbaidschan und die Region voraus. 1987 waren in Armenien antiaserbaidschanische Pogrome ausgebrochen. Armenische Mobs, unterstützt von der armenischen Regierung, griffen die von Aserbaidschanern bewohnten Dörfer an und töteten Hunderte unschuldige Zivilisten. Ihr Plan, Armenien in ein Land ohne Aserbaidschaner zu verwandeln, wurde schon bald verwirklicht. Über 250.000 Aserbaidschaner, die die größte ethnische Minderheit des Landes ausmachten und seit Jahrhunderten in Armenien lebten, wurden gewaltsam vertrieben.

In der Zwischenzeit erhob Armenien unbegründete territoriale Ansprüche gegen Aserbaidschan und löste dadurch eine Welle der Gewalt aus, die schließlich in einen äußerst furchtbaren und verlustreichen Krieg zwischen den beiden Nationen mündete.
All diese Ungerechtigkeiten, die von der pro-armenischen sowjetischen Führung in
Moskau gutgeheißen und angefacht wurden, lösten in Aserbaidschan öffentliche Empörung aus und führten zu antisowjetischen Massendemonstrationen in Baku, die sich bald in eine nationale Freiheitsbewegung verwandelten. Diese mächtige aserbaidschanische Freiheitsbewegung wurde unter anderem von dem amerikanischen Nachrichtenmagazin „Newsweek“ gewürdigt, das eine Aufnahme von einer der Demonstrationen in Baku als Coverfoto für die Dezemberausgabe 1989 benutzte und mit dem Titel „Standing Up for Freedom. PEOPLE OF THE YEAR“ versah.

Die Bewegung machte die sowjetische Führung ungeheuer nervös. Durch den
Einmarsch in Baku und die Tötung friedlicher Demonstranten wollte sie in jeder Nation Terror verbreiten, die es wagte, sich dem eisernen Griff der sowjetischen Tyrannei entziehen zu wollen. In ihrem Bericht „Schwarzer Januar in Aserbaidschan“ stellte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch damals fest: „Tatsächlich stand die von der sowjetischen Armee in der Nacht vom 19. auf den 20. Januar angewandte Gewalt so außer Verhältnis zum Widerstand der Aserbaidschaner, dass sie eine
Ausübung von Kollektivstrafe darstellte (…), die Strafe, die Baku von sowjetischen
Soldaten auferlegt wurde, könnte als Warnung für Nationalisten nicht nur in Aserbaidschan, sondern auch in den anderen Republiken der Sowjetunion gedacht gewesen sein.“

Der damalige sowjetische Führer Michail Gorbatschow hoffte, dass die Brutalität des Schwarzen Januars Aserbaidschan dazu bringen würde, seinen Kampf um die Freiheit aufzugeben. Aber das von ihm angeordnete Verbrechen führte zu einer der stärksten Demonstrationen menschlicher Beharrlichkeit in der modernen Geschichte. Unmittelbar nach dem Angriff, während das Blut der erschlagenen Körper noch buchstäblich die Straßen tränkte, wurde eine strenge und bedrohliche sowjetische Ausgangssperre verhängt. Sie kündigte eine noch schrecklichere Reaktion an, wenn sie verletzt werden sollte. Trotzdem gingen über eine Million Aserbaidschaner auf die Straßen von Baku und überschwemmten sie buchstäblich, um als mutiges und vereintes Volk gegen Terror und Tyrannei zu demonstrieren und zugleich die Opfer des Blutvergießens zu ehren und zu betrauern.

Muslimische, christliche und jüdische Religionsvertreter hielten öffentliche Gebete ab, als Botschaft unseres gemeinsamen Glaubens, unserer gemeinsamen Hoffnung und der Unbezwingbarkeit unserer Werte.

Heydar Aliyev, der später Gründer des modernen Aserbaidschan wurde, begab sich in das Büro von Aserbaidschan in Moskau und prangerte bei einer Pressekonferenz das Blutvergießen an seinem Volk heftig an. Sein Mut und Widerstand inspirierten das aserbaidschanische Volk und Aliyev wurde ein Anführer des Freiheitskampfes.

So ging die sowjetische Brutalität nach hinten los, und im Oktober 1991 erlangte Aserbaidschan seine vollständige Freiheit von der sowjetischen Herrschaft und Unterdrückung.

Seit der Wiederherstellung der Unabhängigkeit ist Aserbaidschan immer stärker geworden. Unter der visionären Führung von Präsident Ilham Aliyev ist das Land heute wirtschaftlich dynamisch, politisch stabil und ein wichtiger geopolitischer Akteur. Es ist die größte Volkswirtschaft im Südkaukasus und eine der größten in der gesamten ehemaligen Sowjetunion. Aserbaidschan ist das Herzstück der kaspischen Öl- und Gasförderung, die für die europäische und globale Energiesicherheit von großer Bedeutung ist.

Unsere Werte haben uns auch in den letzten Jahren sicher durch schwere Zeiten gebracht. Im Herbst 2020 hat Aserbaidschan seine Gebiete befreit – nach fast 30-jähriger, illegaler und von den Vereinten Nationen verurteilter Besatzung durch Armenien. Dies wird den über eine Million gewaltsam vertriebenen Aserbaidschanern ermöglichen, endlich nach Hause zurückzukehren. Wir haben bereits mit dem Prozess des Wiederaufbaus und der Rückkehr begonnen. Mit der Wiederherstellung der historischen Gerechtigkeit und des Völkerrechts sind die Stärke und Vitalität unserer Unabhängigkeit und die Werte, die uns so weit gebracht haben, belebt worden, und wir sind bereit, die Herausforderungen der neuen Zeiten anzunehmen, trotz ihrer Komplexität.

Im Jahr 2023 ist die Erinnerung an den Schwarzen Januar nicht nur wichtig, um das
Gedenken an die Opfer lebendig zu halten und jener menschlichen Tragödie und ihrer unvorstellbaren Brutalität zu gedenken, sondern vor allem, um eine Botschaft der Beharrlichkeit auszusenden. Heute steht unsere gesamte Welt vor einem Umbruch, wie ihn die meisten von uns noch nicht gesehen haben. Doch die Werte, die eine ganze Nation trotz tiefgreifender Tragödien und Not stark gemacht haben, sind die gleichen Werte, die unsere Welt heute voranbringen können. Heute, da wir eine so extreme und dauerhafte Unterbrechung dessen, was wir als unser normales Leben kennen, erleben, ist es entscheidend, dass wir an den Prinzipien der Toleranz und des gegenseitigen Respekts festhalten, die sich im Laufe der Zeit als Bedingungen für Überleben, Genesung und Frieden erwiesen haben.

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