(AA)
Folgen

Es ist wohl eine politische Leistung, die nicht jedem vergönnt ist, wenn ein politischer Führer gleichzeitig von den Würdenträgern und den Bürgern von drei Staaten, die vor nicht allzu langer Zeit Krieg geführt haben, willkommen geheißen wird.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan besuchte Anfang des Monats die Balkanländer Bosnien und Herzegowina, Serbien und Kroatien. Mit diesem Besuch verdeutlichte er einmal mehr, welch wichtige und friedensstiftende Rolle Türkiye unter seiner Führung spielt.

Erdoğan begann seinen Besuch in Bosnien und Herzegowina, das noch vor kurzem von einer politischen Krise erschüttert wurde. Gegenstand dieser Krise war ein Wahlgesetz, das der Hohe Repräsentant Christian Schmidt zum Schaden der Bosniaken im Land durchsetzen wollte. Das Land steuert auf Wahlen zu, und dementsprechend herrscht eine besondere Atmosphäre im Land. Angesichts dieser Entwicklungen kam dem Besuch Erdoğans eine noch größere Bedeutung zu.

Nur im Beisein von Erdoğan streiten wir nicht

Als erstes kam Präsident Erdoğan mit dem bosniakischen Präsidialratsmitglied Şefik Dzaferoviç, dem kroatischen Mitglied Zeljko Komşiç und dem serbischen Mitglied Milorad Dodik zusammen. Gleichzeitig bekundeten die Bürger des Landes Präsident Erdoğan ihre Sympathie auf der Straße. Auf der nach dem Treffen abgehaltenen Pressekonferenz drückten alle drei Mitglieder des Präsidialrats von Bosnien und Herzegowina ihre Zufriedenheit über den Besuch Erdoğans aus. So konstatierte Dodik, Erdoğans Besuch stelle eine der seltenen Gelegenheiten dar, bei denen die drei Führungsfiguren von Bosnien und Herzegowina ausnahmsweise mal einer Meinung sind.

Darüber hinaus unterstrich Dodik die Führungsstärke Erdoğans im globalen Kontext und stellte fest, es gebe nur wenige Führungsfiguren auf der Welt wie ihn, die ein Verständnis für Bosnien und Herzegowina haben, alle Parteien gleich behandeln und lösungsorientiert handeln, einen Ansatz und eine Haltung mit Beispielcharakter für andere Politiker mit globalem Gewicht haben. Dodik sieht Präsident Erdoğan schon seit geraumer Zeit als Vermittler bei der Lösung der politischen Krise in Bosnien und Herzegowina. Neben Erdoğan schlug er darüber hinaus auch den serbischen Präsidenten Vucic und den kroatischen Präsidenten Milanovic als Vermittler vor. Dies ist natürlich ein politischer Schachzug von Dodik. Damit will er Bosnien und Herzegowina eigentlich zu einem Land machen, dessen Geschicke von außen und nicht vom eigenen Präsidialrat gelenkt werden. Dennoch ist es hier bemerkenswert, dass Dodik auch ausgerechnet Erdoğan als Vermittler vorschlägt. Doch warum?

Denn derselbe Dodik stellte noch 2018 fest, Erdoğan sei zwar eine starke Führungsfigur, solle sich aber nicht in die inneren Angelegenheiten von Bosnien und Herzegowina einmischen. Geht man noch etwas weiter zurück, stößt man auf Dodiks Aussagen aus dem Jahr 2014, als er Türkiye als einen ernsthaften Störfaktor in Bosnien und Herzegowina bezeichnete. In den folgenden Jahren warf er Erdoğan vor, einseitig nur die Bosniaken unterstützt zu haben. Und 2017 sagte er tatsächlich nach dem Hinweis eines Journalisten, sein Jackett ähnele dem des Präsidenten, folgende Worte: „Ich werfe es sofort weg.“

Die Stärke von Türkiye

Was also hat sich geändert, wenn selbst Dodik, der Erdoğan ablehnend gegenüberstand, jetzt sagt, Erdoğan sei eine bedeutende globale Führungsfigur und einer der wenigen, die in Bosnien und Herzegowina Frieden stiften? Die seit Jahren von Türkiye und Präsident Erdoğan verfolgte konstruktive Politik auf dem Balkan trägt erste Früchte. Außenstehende kritisieren die Politik von Staatsoberhäuptern, weil sie die getroffenen Entscheidungen oftmals nicht nachvollziehen können. Dabei bedarf es oftmals nur etwas Geduld, um die positiven Ergebnisse dieser Entscheidungen zu sehen. Genau dies geschieht gerade auf dem Balkan. Alle unternommenen Schritte von Türkiye bezüglich dieser Region zielen darauf ab, den Frieden und die Stabilität der Länder zu sichern. Mit Erdoğans kluger Politik ist Türkiye von einem Land, das insbesondere die Serben abgelehnt haben, zu einem Land geworden, das diese jetzt am meisten befürworten.

Angesichts des Völkermords und der Massaker, die Serben in Bosnien und Herzegowina in der Vergangenheit begangen haben, ist es für den Frieden in dieser Region sehr wichtig, dass Türkiye, immer um das Wohl von Bosnien und Herzegowina bedacht, auch das Vertrauen der Serben genießt. Und selbst Dodik bestätigt, dass Türkiye dabei den Bosniaken immer näher stehen werde. Tatsächlich hat Türkiye nie einen Hehl daraus gemacht, dass Bosnien und Herzegowina einen besonderen Stellenwert genießt. Türkiye agiert jedoch mit allen Parteien in der Region und lässt auch allen Projekte, Kooperationen und Investitionen zugute kommen. Dabei tragen insbesondere die türkischen Unternehmensgründungen und Investitionen in Serbien zu diesem positiven Bild von Türkiye bei. Und weil Politiker wie Dodik ihr Handeln danach richten, was in Serbien vor sich geht und zu dessen Nutzen ist, kommen die guten Beziehungen zwischen Türkiye und Serbien nicht nur dem Land, sondern auch Bosnien und Herzegowina zugute.

Der auf den Besuch von Bosnien und Herzegowina folgende Empfang von Präsident Erdoğan in Serbien und die gemeinsamen Erklärungen haben einmal mehr gezeigt, wie gut die Beziehungen beider Länder sind. Obwohl Serbiens Unterstützung für die serbische Region in Bosnien und Herzegowina und Dodik bekannt ist, unterstrichen sowohl Erdoğan als auch Vucic nach ihrem bilateralen Austausch erneut, dass das Dayton-Friedensabkommen in Bosnien und Herzegowina umgesetzt und dessen territoriale Integrität gewahrt werden muss. Auch in Kroatien wurde Erdoğan, der von Serbien direkt dorthin reiste, mit höchsten Ehren empfangen.

Recep Tayyip Erdoğan Kulturzentrum in Kroatien

In der Frage des neuen Wahlgesetzes in Bosnien und Herzegowina, auf dem besonders die Kroaten bestanden und das Schmidt durchsetzen wollte, betonte Erdoğan im Beisein des kroatischen Präsidenten Milanović nochmals, dass die drei Parteien in Bosnien und Herzegowina über das Wahlgesetz entscheiden sollten, nicht der Hohe Repräsentant Schmidt. So brachte die türkische Führung sowohl bei ihrem Besuch in Bosnien als auch in Kroatien ihre Meinung zum Wahlgesetz klar zum Ausdruck. Auch Präsident Milanović betonte die guten Beziehungen zwischen Kroatien und Türkiye, auch wenn man in den Entwicklungen in Bosnien und Herzegowina unterschiedlicher Meinung sei. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung und der rasanten politischen Entwicklungen ist Türkiye zu einem Land mit einer gewichtigen Stimme in der Welt geworden und hat seine Position auf dem Balkan als partnerschaftlich agierendes Land gestärkt, das von allen Parteien akzeptiert wird.

So trägt das von Erdoğan und Milanović beim jüngsten Besuch neu eröffnete islamische Kulturzentrum den Namen des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Wäre Türkiye nicht ein Land, dessen Stärke geachtet und dessen Freundschaft gesucht wird, hätte die Namensgebung dieses Zentrums in Kroatien wohl Unbehagen ausgelöst. Aber in diesem Fall wurde sie mit Freude begrüßt.

Als ein Land, dem im aktuellen russisch-ukrainischen Krieg Vermittlungserfolge gelungen sind, die anderen Ländern nicht vergönnt waren, nimmt Türkiye auch in Bosnien und Herzegowina und dem gesamten Balkan eine sehr wichtige Position ein und ist ein Land, das mit allen Parteien gemeinsam den Frieden dauerhaft gewährleisten kann.

Meinungsbeiträge geben die Ansichten des jeweiligen Autors und nicht die der Redaktion wieder. Für Anfragen wenden Sie sich bitte an: meinung@trtdeutsch.com