20.05.2021, Hessen, Frankfurt/Main: Der Angeklagte Franco A. sitzt zum Prozessauftakt auf der Anklagebank im Hochsicherheitssaal des Oberlandesgerichts. (dpa)
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Der rechtsextreme deutsche Soldat Franco Albrecht wurde am Ende des seit 2017 laufenden Prozesses zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er als Flüchtling getarnt versucht hatte, Anschläge zu verüben, um Reaktionen in Deutschland zu provozieren. Der Rechtsextremist, der mit seinen geplanten Anschlägen auf Politiker und Personen, die die damalige deutsche Einwanderungspolitik unterstützten, darauf abzielte, soziale Konflikte in Deutschland zu schüren, wurde wegen versuchter Körperverletzung und illegalem Besitz von Waffen bzw. Sprengstoffen verurteilt.

Franco Albrecht und rechtsextreme Netzwerke in der Bundeswehr

Der Rechtsextremist Franco Albrecht, der bis zu seiner Verhaftung als Oberleutnant in der gemeinsamen deutsch-französischen Armee diente, wurde erwischt, als er versuchte, an seine im Flughafen Wien versteckte Waffe zu gelangen, um ein Attentat zu verüben. Nach dem Vorfall vertieften die Behörden die Ermittlungen gegen Albrecht. Schnell wurde klar, dass seine rechtsextremen Tendenzen seit langem bekannt waren und Albrecht seine rechtsextremen Ideen sogar in akademischer Form zum Ausdruck gebracht hatte. Albrecht, der in direktem Kontakt mit rechtsextremen Netzwerken stand und mutmaßlich auch mit Extremisten in Verbindung war, die innerhalb der deutschen Spezialeinheit KSK aktiv waren, plante Anschläge unter dem Namen „Tag X“, die als Schlüsselelement einer Verschwörung gelten, die auf die Übernahme der Macht durch eine rassistische Junta nach einem Bürgerkrieg in Deutschland abzielt.

Dazu gab sich Franco Albrecht 2015 als christlich-syrischer Flüchtling aus, während er seinen Dienst in der gemeinsamen deutsch-französischen Armee fortsetzte, und es gelang ihm sogar, sich in einer bayerischen Stadt als Flüchtling registrieren zu lassen. Danach setzte er sein Doppelleben als Oberleutnant der Bundeswehr und christlich-syrischer Flüchtling fort, wobei es von besonderem Interesse ist, wie es ihm gelang, mit seiner Verschwörung lange Zeit unentdeckt zu bleiben. Dies erklärt wohl auch, warum die Anklagevorbereitung für den 2017 gefassten Albrecht vier Jahre dauerte, der Prozess 2021 aufgenommen und 2022 das Urteil gefällt wurde. Denn es mussten Maßnahmen ergriffen werden, um dem Misstrauen des deutschen Staates gegenüber der eigenen Strafverfolgung vorzubeugen und um zu verhindern, dass Teile der Strafverfolgungsbehörden, die enge Beziehungen zu rechtsextremen Netzwerken unterhalten, die Ermittlungen behindern.

Die zuständige Staatsanwältin Karin Weingast erklärte, Albrecht, in dessen Haus Gegenstände und Symbole aus der NS-Zeit gefunden wurden, habe einen „Anschlag mit hoher politischer Tragweite“, sprich einen Terroranschlag, vorbereitet. Die Anwälte des Angeklagten, der ein halbautomatisches Gewehr, zwei halbautomatische Pistolen, mehr als tausend Schuss Munition und mehr als fünfzig Sprengkörper aus dem Bestand der Bundeswehr gestohlen hatte, legten bereits Berufung gegen das Urteil ein.

Ein systematisches Problem

Mit der Enttarnung von Verschwörern wie Franco Albrecht, den rechtsextremen Hannibal- und Tag X- Netzwerken, hat der deutsche Staat begonnen, Ermittlungen gegen die im eigenen Staatsapparat organisierten Rechtsextremisten zu führen. Infolge dieser Ermittlungen stellte sich heraus, dass beispielsweise die deutsche Spezialeinheit (KSK) zur Brutstätte einer rechtsextremen Kultur geworden war, die man nicht mehr reformieren konnte. Daraufhin wurde das KSK 2020 neu strukturiert. Mit den laufenden Ermittlungen, insbesondere bei Bundeswehr und Strafverfolgungsbehörden, sollen die im deutschen Staat organisierten Rechtsextremisten identifiziert und vor Gericht gestellt werden. Der institutionelle Widerstand innerhalb des Staatsapparats gegen diese Ermittlungen steht diesen Bemühungen jedoch weiterhin im Wege. Wie der Fall Albrecht gezeigt hat, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um andere rechtsextreme Zellen aufzudecken, damit laufende Ermittlungen gegen Rechtsextremisten, die den deutschen Staat infiltriert haben, überhaupt effektiv durchgeführt werden können. Dies verdeutlicht, dass es ernsthafte Probleme in den Strukturen des deutschen Staates gibt und dass der Wille zur Bekämpfung der extremen Rechten schwach ist.

Dass die rechtsextreme Infiltration in den deutschen Staat nicht verhindert werden konnte, lag auch daran, dass die deutschen Justizbehörden die Vorgänge zu leichtfertig handhabten. Ein Soldat, der das deutsche Flüchtlingssystem mühelos in die Irre führte und dennoch seinen Dienst fortsetzte, eine wissenschaftliche Abhandlung veröffentlichte, die seinen Rassismus während seines Militärdienstes offenbar machte, und der noch dazu in seinem Bekanntenkreis als rechtsextrem galt, wurde am Ende nur zu einer Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren wegen versuchter Körperverletzung und illegalem Besitz von Waffen und Sprengstoffen verurteilt, was deutlich macht, dass das Thema noch immer nicht ernst genommen wird. Wenn man bedenkt, dass die Aktivitäten eines Angeklagten letztlich die Entfernung von rassistischen Cliquen innerhalb des deutschen Staates ausgelöst haben, noch bevor er vor Gericht gestellt wurde, erscheint die Einordnung des Verurteilten als Einzeltäter unglaubwürdig. Das Urteil verdeutlicht die nach wie vor leichtfertige Haltung der deutschen Justizbehörden gegenüber der extremen Rechten. Dass die gegen kriminelle Machenschaften innerhalb des KSK und andere Beamte durchgeführten Aktionen nicht mit diesem Fall in Verbindung gebracht wurden, obwohl Albrechts Verbindungen zum „Tag X“- und „Hannibal“-Netzwerk bekannt waren, ist nicht anders zu erklären.

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