Kabinettsausschuss: Empfehlungen zu Rechtsextremismus (AFP)
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Nach dem rechtsextremistischen Terrorattentat am 20. Februar 2020 in Hanau, bei dem 10 Menschen auf brutale Weise ihr Leben verloren, hat die Bundesregierung endlich beschlossen, einen Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus zu gründen. Betrachtet man die letzten Jahre in Deutschland etwas genauer, sollte dieser Kabinettsausschuss eigentlich schon seit vielen Jahren aktiv sein. Doch wir reden über ein Land, in dem die NSU-Morde jahrelang nicht als rechtsextreme Attentate galten, und in dem auch noch dabei zugesehen wurde, wie V-Männer Beweismittel verschwinden ließen und Familien der Opfer auf absurde Weise beschuldigt wurden. Attentate aus jüngster Zeit, zum Beispiel an Marwa El-Sherbini, und solche aus Jahren zuvor wie in Solingen und Mölln waren offenbar kein ausreichender Grund für die Gründung des Kabinettsausschusses. Zudem werden Rassismus, Attentate und Angriffe auf Moscheen/Muslime bis heute als Einzelfälle betrachtet. Wie viele Einzelfälle Deutschland mittlerweile schon erlebt hat, vermag wohl niemand mehr zu sagen.

Der Kabinettsausschuss

Kommen wir zum Kabinettsausschuss, der nun aktiv für die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus agieren soll. Mitglieder des Kabinetts sind Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesfinanzminister Olaf Scholz, Bundesinnenminister Horst Seehofer (der gleichzeitig beauftragter Vorsitzender ist), Außenminister Heiko Maas, Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, Bundesbildungsministerin Anja Karliczek, Helge Braun als Chef des Bundeskanzleramts, die Integrationsbeauftragte Annette Widmann-Mauz, Kulturstaatsministerin Monika Grütters und Regierungssprecher Steffen Seibert.

Am 18. März 2020 wurde entschieden, dass dieser Ausschuss die Umsetzung der Maßnahmenpakete aus Oktober 2019 begleiten soll. Zugleich soll der Ausschuss weitere, auch präventive, Maßnahmen zur effektiven Bekämpfung von Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in Deutschland in die Wege leiten.

Dem Kabinettsausschuss stehen für Projekte und Ausarbeitungen für die Jahre 2021 bis 2024 mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung; bei Erfolg der Projekte und Zustimmung des Haushaltsausschusses sollen weitere 150 Millionen Euro bereitgestellt werden.

Maßnahmenkatalog des Ausschusses

Am 25. November 2020 tagte der Kabinettsausschuss zum dritten Mal. Dabei wurde ein Maßnahmenkatalog mit 89 Punkten beschlossen, die bei der effektiven Bekämpfung von Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus helfen sollen.

Der Maßnahmenkatalog beinhaltet Punkte wie das Demokratiefördergesetz, Änderungen im Strafrecht, Beratungszentren und Hotlines sowie Projekte, die Betroffenen mehr Schutz und Hilfe bieten sollen. Außerdem soll das Paket eine Studie zu Alltagsrassismus in der Zivilgesellschaft umfassen. Die umstrittene Studie über Rassismus in den Reihen der Polizei wurde mit dem Kompromiss durchgesetzt, dass statt einer Rassismus-Studie ein Forschungsprojekt zur Untersuchung des Polizeialltags in die Wege geleitet werden soll.

Das Stockholm-Syndrom

Hält man sich vor Augen, wer die Mitglieder des Kabinettsausschusses sind, und erinnert sich dabei an manche Aussagen der jeweiligen Personen, schüttelt man nur noch den Kopf: Da jetzt ausgerechnet Problemverursacher Lösungen herbeiführen sollen, bleibt nur noch ein Grinsen aus schierer Verzweiflung.

Dass ein Kabinettsausschuss ausschließlich von Mitgliedern des Kabinetts gegründet werden kann, liegt auf der Hand. Paradox ist jedoch, dass nun Entscheidungen eines Innenministers, der die Migration als “Mutter aller Probleme“ bezeichnete, dafür sorgen sollen, Rechtsextremismus und Rassismus zu bekämpfen.

Denken wir kurz an die Özil-Sache zurück, so kommen einem die Worte des Außenministers in Erinnerung, der dem damaligen Nationalspieler erklärte, es gebe in Deutschland kein Rassismusproblem gegenüber Menschen wie Özil, wie dieser sie geschildert hatte.

Ein weiteres Mitglied des Kabinettsausschusses ist die Bundesfamilienministerin, die übrigens den Entwurf des Maßnahmenkatalogs im Oktober 2019 gestaltet hatte. Sie vertrat die Meinung, man solle muslimischen Schülern das Fasten im Ramadan verbieten. Dass sie damit versuchte, das Recht auf freies Ausleben des Glaubens einzuschränken, spielte bei ihrer Ernennung zum Ausschussmitglied offenbar ebenfalls keine große Rolle.

Auch die Bundesbildungsministerin erlaubte sich vor einiger Zeit eine diskriminierende Aussage, als sie muslimische Schüler als radikal bezeichnete, weil diese angeblich nichtmuslimische Lehrer mobben und gegenüber jüdischen Mitschülern eine antisemitische Haltung zeigen. Dabei ignorierte die Ministerin das Problem mit islamfeindlichen und rassistischen Mitschülern und Lehrern an den Schulen einfach, obwohl viele Studien belegen, dass Schüler mit Migrationshintergrund systematisch an deutschen Schulen diskriminiert werden und schlechtere Noten bekommen, als sie es verdienen.

All diese Minister sollen nun, trotz den von ihnen vertretenen Meinungen, Projekte zum Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus ins Leben rufen und umsetzen. Dabei wurden die Erfahrungen von Opfern und Opferfamilien oder auch Abgeordneten aus den Reihen des Kabinetts, die Rassismus involviert haben, nicht berücksichtigt. Obwohl im Bundestag eine ganze Reihe von Abgeordneten sitzen, die einen Migrationshintergrund vorweisen oder schwarz sind. Zudem solche, die Drohbriefe bekommen, deren Parteibüros angegriffen wurden und die sogar beim Zugfahren von Bahnmitarbeitern rassistisch beleidigt werden.

Welche Meinungen dabei die Opfer besitzen, spielt hier offensichtlich keine Rolle. Wir als Community sollen nämlich hinnehmen, dass Mittäter aus der Politik, die jahrelang Rechtsextremismus und Rassismus verharmlost und durch ihre Aussagen sogar noch legitimiert haben, jetzt Lösungen schaffen sollen, die uns mehr Sicherheit und das Gefühl, in Deutschland verstanden zu werden, bieten sollen. Dabei sollen wir auch noch trotz der genannten Beispiele und Geschehnisse genau dieser Truppe vertrauen.

Es stellt sich bei all dem eine Frage: Was erhofft sich die Bundesregierung eigentlich mit diesen Ausschussmitgliedern von den Bürgern? Etwa, dass Rechtsextremismus-, Rassismus-, Antisemitismus- und jegliche Diskriminierungsopfer und tausende andere Menschen nun trotz der genannten Äußerungen eine Haltung des Stockholm-Syndroms einnehmen?

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