07.10.2021, Berlin: Armin Laschet, CDU-Bundesvorsitzender und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, geht weg, nachdem er ein Pressestatement zum Fortgang der Sondierungsgespräche im Konrad-Adenauer-Haus gegeben hat. (dpa)
Folgen

Die Kanzlerkandidatur von Armin Laschet war seit dessen Ankündigung vor allem innerhalb der Partei sehr umstritten. Ein großer Teil der Öffentlichkeit und Teile der CDU/CSU, vor allem der Schwesterpartei CSU, trauten Laschet keinen Erfolg zu. Dies sollte sich bei den Bundestagswahlen im September bewahrheiten. Nicht wenige behaupten, mit der Kandidatur des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder hätten CDU/CSU eine große Chance gehabt, ihren Platz in der Regierung auch für die kommenden vier Jahre zu verteidigen und sogar zu festigen.

Stimmenverlust aufgrund Linksverschiebung

Dabei sollte man das Problem von CDU/CSU nicht unbedingt an Laschets Kandidatur festmachen, sondern die Veränderung der Partei und auch die damit verbundene Veränderung der politischen Dynamik in Deutschland generell betrachten. Konnte die CDU bei den Bundestagswahlen 2013 noch 41,5 Prozent der Stimmen erzielen, erreichte man 2017 „nur noch“ 32,9 Prozent. Dabei sollte man sich vor Augen halten, dass CDU/CSU auf der einen Seite 8,6 Prozent verloren, während die AfD, die bei jenen Wahlen erstmals in den Bundestag einzog, 7,9 Prozent an Stimmen gewann und mit 12,6 Prozent drittstärkste Partei im Parlament wurde.

Der Einzug der AfD ins Parlament wurde als Katastrophe für die Stabilität der Politik in Deutschland gewertet. Jedoch sollte man nicht vergessen, dass CDU/CSU an dieser Entwicklung nicht ganz unschuldig waren. Mit Öffnung der deutschen Grenzen für die Flüchtlinge 2015 hatte Angela Merkel sich vom rechten politischen Spektrum weiter entfernt und sich immer weiter links-mittig positioniert. Für eine Kanzlerin der CDU viel zu links. Die CDU wurde politisch den anderen Parteien SPD, Grüne und FDP immer ähnlicher und verlor damit ihre rechtskonservativen Wähler. Nicht umsonst kündigte Merkel später, als sie die Talfahrt der Partei nicht stoppen konnte, freiwillig ihren Rücktritt als Parteichefin an.

Laschet als Sündenbock – CDU hat ein strukturelles Problem

In der Öffentlichkeit wird viel darüber diskutiert, die CDU hätte vor allem wegen Themen wie Digitalisierung, Bildung und Klimaschutz verloren. Dies sind auf jeden Fall Faktoren, die nicht minder wichtig sind. Jedoch wird der Linksruck der CDU in Form von Merkels Politik in den letzten Jahren nahezu komplett ausgelassen. Nur dank der linksgerichteten Politik der CDU konnte die AfD in den Bundestag einziehen und später bei den Bundestagswahlen 2021 mit nur wenig Stimmenverlust (-2,3 Prozent) auch im Parlament bleiben.

Mit der Kandidatur von Armin Laschet konnte man der CDU anmerken, dass sie nichts aus ihren Fehlern gelernt hat. Laschet ist der politischen Linie von Merkel sehr ähnlich und war deswegen nie eine echte Alternative für rechte Wähler. Es wird behauptet, die CDU hätte mit einer Kandidatur von Markus Söder einen großen Sieg erringen können. Dies kann aufgrund seiner konservativ-rechten Politik durchaus möglich sein. Jedoch sollte nicht vergessen werden, dass die CSU bei den Landtagswahlen 2018 in Bayern, als Söder zum bayerischen Ministerpräsidenten gewählt wurde, von 47,7 Prozent auf 37,2 Prozent abstürzte und gleichzeitig die AfD bei ihrer ersten Teilnahme an den Landtagswahlen 10,2 Prozent erreichte.

Söder hätte möglicherweise wirklich die CDU/CSU zum Sieg führen können. Jedoch wäre wahrscheinlich das Problem der AfD im Bundestag nicht gelöst worden, da selbst Söder möglicherweise keine echte Alternative zur AfD gewesen wäre, wie man das aus den Ergebnissen der bayerischen Landtagswahlen 2018 prognostizieren kann. Deswegen kann man durchaus behaupten, dass Söders Kandidatur als Kanzler nur eine kurzfristige Lösung für die CDU/CSU gewesen wäre.

Drei Kandidaten für den Parteivorsitz – Röttgen und Merz als Favorit

Die drei Kandidaten für den Parteivorsitz sind Norbert Röttgen, Friedrich Merz und Helge Braun. Da Helge Braun nur Außenseiterchancen eingeräumt werden, wird ein Duell zwischen Röttgen und Merz erwartet. Mit Hinblick auf Röttgens politische Position kann man feststellen, dass er in der politischen Mitte der Partei angesiedelt ist. Er spricht sich dafür aus, dass die Partei weiterhin konservativ bleiben solle, jedoch müsse man in vielen Bereichen der CDU auch moderne Ansätze finden. Das bedeutet, dass die CDU vor allem die junge Generation ansprechen müsse und man deswegen weitestgehend liberale Ansätze finden müsse, um weiterhin als Volkspartei bestehen zu können. Röttgen zufolge sei es eine Fehleinschätzung, dass die Parteibasis komplett aus konservativen Mitgliedern bestünde. Um beide Teile der Basis, liberal und konservativ, beisammenzuhalten, bräuchte die CDU einen starken Parteichef in der modernen Mitte, so Röttgen.

Auf der anderen Seite versucht Friedrich Merz zum dritten Mal sein Glück. Nachdem es ihm in den vergangenen Jahren zweimal nicht gelang, als Parteichef gewählt zu werden, kann man ihm bei seinem dritten Versuch durchaus gute Chancen einräumen. Unter Merz erwartet man in der Partei einen Rechtsruck, auch wenn Merz dies selbst vehement bestreitet. Merz betont, die CDU müsse sich inhaltlich vor allem mit der sozialen Gerechtigkeit, Außen- und Sicherheitspolitik und der Klimapolitik intensiv auseinandersetzen, da die Partei in diesen Bereichen sehr schlecht aufgestellt sei.

Im Gegensatz zu Röttgen hat Merz ein eigenes Team zusammengestellt, das ihn bei der Kandidatur unterstützen soll. Merz möchte diese Teammitglieder im Falle eines Siegs in führende Positionen der Partei einstellen. Eines dieser Mitglieder ist Mario Czaja. Der 46-jährige Politiker gilt als relativ jung, kommt aus Ostdeutschland und gehört nicht zu den Alt-Konservativen. Ein weiteres Mitglied ist die 34-jährige Kommunalpolitikerin Christina Stumpp. Mit seiner Auswahl möchte Merz signalisieren, dass er weiter in die Mitte rücken möchte, und damit seine Aussage, dass es unter ihm auf keinen Fall einen Rechtsruck geben wird, unterstreichen.

Jedoch arbeitet Merz mit einem weiteren prominenteren Politiker zusammen: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Dieser ist für seine rechte Position, seinen Hang zum Patriotismus und zur Leitkultur sehr bekannt. Die Zusammenarbeit mit Kretschmer macht Merz‘ Aussage, dass es keinen Rechtsruck geben wird, unglaubwürdiger. Jedoch sollte man einen Rechtsruck der CDU nicht unbedingt negativ bewerten. Falls die CDU sich weiter nach rechts bewegen sollte, würde man auf der einen Seite wieder eine echte Alternative zu den Koalitionsparteien sein. Auf der anderen Seite könnte man damit die Wählerschaft der AfD anziehen und somit die rechtspopulistische Partei sehr schwächen. Dadurch könnte ein harmonisches Klima in der Politik herrschen, geprägt vom Gleichgewicht der Parteien.

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