Der Hölderlin-Turm ist fertig saniert. (dpa)
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Nach knapp zwei Jahren Sanierung ist der Tübinger Hölderlin-Turm am Samstag feierlich wiedereröffnet worden.

Der romantisch am Neckar gelegene Bau war über 30 Jahre lang der Rückzugsort des deutschen Dichters Friedrich Hölderlin (1770-1843). Dort verbrachte Hölderlin die Hälfte seines Lebens, weil ihm Ärzte „Raserei“ attestierten. 250 Jahre nach der Geburt des Poeten ist der literarische Erinnerungsort jetzt saniert und für Besucher wieder geöffnet.

In Tübingen ist Hölderlin bis heute stadtbildprägend. Der nach ihm benannte Turm findet sich auf zahlreichen Touristenfotografien. Mehrere Jahre war er wegen Sanierungsarbeiten geschlossen. Nun ist die vom Deutschen Literaturarchiv Marbach in Zusammenarbeit mit der Hölderlin-Gesellschaft und der Stadt kuratierte neue Dauerausstellung für Besucher zugänglich. 2,15 Millionen Euro kostete die Neugestaltung.

Der am 20. März 1770 in Lauffen am Neckar geborene Lyriker war Zeitgenosse der Dichter Schiller und Goethe, befreundet mit den Philosophen Hegel und Schelling, lässt sich aber keiner literarischen Strömung eindeutig zuordnen.

Hölderlin hatte in Tübingen Theologie studiert und wurde wegen seines verwirrten Zustands später in die örtliche Klinik eingewiesen. Deren Direktor erklärte ihn für unheilbar nervenkrank. Der Turmbesitzer, ein Schreiner, nahm ihn auf - weil er Fan von Hölderlins Roman „Hyperion“ war. 36 Jahre lang, bis zu seinem Tod, pflegte die Familie den Dichter.

Museale Aufarbeitung des Turms vor allem sprachlich

Die museale Aufarbeitung des literarisch und biografisch bedeutsamen Ortes sei schwierig gewesen, weil es sich bei dem Hölderlin-Turm nur um einen ähnlichen Nachbau aus dem Jahr 1876 handelt. Das Originalgebäude, in dem Hölderlin saß und dichtete, war ein Jahr zuvor abgebrannt.

Authentizität sei nicht nur in Möbeln und Mauern zu finden, sondern vor allem in der Literatur, so Kurator Thomas Schmidt vom Deutschen Literaturarchiv Marbach. Zuschreibungen wie jene des verrückten Dichters im Turm, von Kunst und Wahnsinn, sollen in ihrer Zwiespältigkeit dargestellt werden. In der Dauerausstellung sind deshalb vor allem Hölderlins Texte inszeniert.

Den Besucher des renovierten Gebäudes erwartet eine multimediale Dauerausstellung, die zur aktiven Beschäftigung mit Hölderlins Leben und Werk einlädt. So kann der Gast im Sprachlabor selbst mit Silben, Worten und Versen experimentieren. Im angrenzenden Garten lassen sich Hölderlins Texte auf einer eigens dafür konzipierten „Gedichtlaufstrecke“ in Bewegung übersetzen. Der Satz „Die Linien des Lebens sind verschieden“ wird auf eine runde Holzwand projiziert.

Ein Tisch ist das einzige Exponat im neu gestalteten Tübinger Hölderlin-Turm, mit dem Friedrich Hölderlin vermutlich noch selbst hantierte. „Es geht darum, eine körperliche und sinnliche Erfahrung von Sprache zu schaffen“, sagte Schmidt bei der Vorstellung der Schau zum Auftakt des Hölderlin-Jahrs am Freitag.

Hölderlin gilt als einer der bedeutendsten Lyriker der deutschsprachigen Literaturgeschichte. Die Eröffnungsfeier des Hölderlin-Turms ist Startschuss für die landesweite Programmreihe „Hölderlin 2020“, die den 250. Geburtstag des Dichters würdigt.

Der Tisch des Dichters im neu gestalteten Hölderlin-Turm.  (DPA)
dpa