Der österreichische Schriftsteller Gerhard Roth starb im Alter von 79 Jahren. (Philipp Horak)
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Der preisgekrönte österreichische Schriftsteller Gerhard Roth ist im Alter von 79 Jahren in seiner Heimatstadt Graz gestorben. Dies bestätigte der Landeshauptmann der Steiermark, Hermann Schützenhöfer, am Dienstagabend. Roth galt als einer der großen, zugleich stets politischen Erzähler und Literaten Österreichs.
Berühmt wurde der Autor vor allem durch seinen siebenteiligen Zyklus „Die Archive des Schweigens“, an dem er zwischen 1978 und 1991 arbeitete. Auch der darauf folgende „Zyklus Orkus“ fand große Anerkennung. Zuletzt schrieb er den Venedig-Roman „Es gibt keinen böseren Engel als die Liebe“. Der vielfach ausgezeichnete Literat wurde 2016 mit dem Österreichischen Staatspreis geehrt.
Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen würdigte den gestorbenen Schriftsteller als „mutige und kluge Stimme“ in der heimischen Gegenwartsliteratur. „Klar und konsequent setzte er sich mit österreichischer Geschichte, mit den hellen, oft auch dunklen Seiten unseres Landes auseinander.“ Roth studierte zunächst Medizin
Gemäß dem Willen seines Vaters, der Arzt war, studierte Roth zunächst Medizin, brach sein Studium jedoch ab. Vo0n 1966 bis 1977 arbeitete er als Programmierer und Organisationsleiter im Grazer Computerrechenzentrum, um neben seiner literarischen Tätigkeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ab den frühen 1970er Jahren veröffentlichte er experimentelle Prosa (etwa 1972 „die autobiographie des albert einstein“) und versuchte sich auch als Theaterautor („Lichtenberg“, „Sehnsucht“, „Dämmerung“).
Ein großzügiger Vorschuss eines Verlags ermöglichte es Roth, sich ganz auf die Arbeit an den „Archiven des Schweigens“ zu konzentrieren. 1980 erschien hier „Der stille Ozean“, dessen Verfilmung 1983 mit dem Silbernen Bären der Berlinale ausgezeichnet wurde. Mittelpunkt des aus den unterschiedlichsten literarischen Gattungen zusammengesetzten Zyklus, in dem Fiktion und (auch fotografische) Dokumentation ineinanderfließen, ist das 1984 erschienene 800-Seiten-Buch „Landläufiger Tod“.
Mit „Der See“, dem Auftaktroman seines Zyklus „Orkus“, sorgte Roth 1995 für Aufregung in den Reihen der FPÖ, die in einem populistischen Politiker, auf den beinahe ein Attentat verübt wird, ihren damaligen Parteichef Jörg Haider wiedererkannt haben wollte.
Roth ist für sein schriftstellerisches Werk wie auch für seine in Reportagen, Essays und Interviews eingenommene klare politische Haltung geehrt worden. 1994 erhielt er den Toleranz-Preis des österreichischen Buchhandels. Es folgten zahlreiche weitere Auszeichnungen, etwa 2015 der mit 15.000 Euro dotierte Jean-Paul-Preis. Mehr zum Thema: Österreich: Verfassungschef wegen Ulrichsberg-Reden in der Kritik

dpa