Ein auf Twitter veröffentlichtes Video dokumentierte am Donnerstag einen Akt von Vandalismus, der sich gegen einen Supermarkt für russische Spezialitäten in Oberhausen gerichtet habe.
Wie ein Mitarbeiter des Supermarktes „Kauver“ in der dortigen Seilerstraße gegenüber TRT Deutsch bestätigte, war es tatsächlich zuvor zu einem nächtlichen Übergriff auf den Laden gekommen. Dabei wurden Fensterscheiben durch Steinwürfe beschädigt und die Fassade mit Farbe verschmutzt. Bereits vor einigen Tagen habe es zudem eine Graffiti-Attacke auf den Markt gegeben. Die Polizei ermittelt.
Twitter-Nutzer machen WAZ-Artikel mitverantwortlich
Einige Twitter-Nutzer werfen der örtlichen Ausgabe der „WAZ“ vor, durch einen Artikel und dessen Illustration im Vorfeld des Anschlags Hass gegen in der Stadt lebende Russen und Russischstämmige geschürt zu haben. Der Übergriff auf den Markt, der neben russischen auch zahlreiche andere internationale Spezialitäten im Sortiment hat, steht nach ihrer Überzeugung mit medial geschürter antirussischer Stimmung in ursächlichem Zusammenhang.
So wurde ein Artikel mit der Überschrift „Russen in Oberhausen: ‚Ich finde richtig, was Putin tut‘“ zu Beginn mit einem Bild des Supermarktes illustriert. In dem Beitrag kamen russische Einwohner der Stadt zu Wort, von denen einige Putins Politik unterstützten und andere sich darüber kritisch äußerten. Mittlerweile wurde das Illustrationsbild entfernt und durch ein Bild des russischen Präsidenten ausgetauscht.
Eine Twitter-Nutzerin will einen eindeutigen Zusammenhang sehen und schreibt: „Danke für die Russenhetze #WAZ - nach Ihrem Artikel wurde der Laden demoliert. Ich frage mich, welcher angebliche Russe da interviewt wurde.“
Pressesprecherin: „Schon gehört, dass Kinder angefeindet wurden“
Anastasia Kirsch, die Pressesprecherin der Supermarktkette, äußerte gegenüber TRT Deutsch, dass man aufseiten des Unternehmens die Einschätzung teile, dass die aktuelle Situation zu den Übergriffen beigetragen habe. Zu der Frage, ob explizit der WAZ-Beitrag einen Einfluss gehabt habe, wolle man sich jedoch nicht eindeutig festlegen:
„Also wir sind auch in einer Position, wo wir sagen, wir möchten jetzt nicht spekulieren. Insgesamt sind wir absolut schockiert und traurig darüber und hoffen, dass das nicht mehr vorkommt.“
Kirsch, die selbst auch russischstämmig sei, erklärte auf Nachfrage, dass sie selbst noch keine rassistisch motivierten Anfeindungen erlebt habe. Allerdings habe sie „schon einiges gehört, dass unterschiedlichste Dinge passiert“ seien, „dass selbst Kinder angefeindet wurden und die Situation im Moment allgemein in der kompletten Gesellschaft ist so, dass man etwas auf der Hut ist“.
„Es ist aus dem Nichts gekommen“
Man sei vorsichtig geworden und „so ein bisschen ängstlich auch. Man ist auch so ungläubig, weil man das nicht verstehen kann, was eigentlich passiert. Es ist einfach aus dem Nichts gekommen, ganz urplötzlich und so.“
Rassistische Übergriffe infolge medialer Stimmungsmache nach gravierenden weltpolitischen Ereignissen sind auch im heutigen Deutschland kein Novum.
Wie der „Mediendienst Integration“ berichtete, zählte das Bundesinnenministerium (BMI) im Jahr 2020 insgesamt 9420 rassistisch motivierte Straftaten. Das waren 19 Prozent mehr als im Jahr davor. Erfasst sind dabei nur jene Vorfälle, die auch zur Anzeige gebracht wurden. Die einschlägigen Zahlen für 2021 sind noch nicht publiziert worden.
3 März 2022
Russischer Supermarkt in Oberhausen nach Zeitungsbericht angegriffen
Wird der Ukraine-Krieg zum Anlass für rassistisch motivierte Übergriffe in Deutschland? In Oberhausen soll es in zeitlichem Zusammenhang mit einem Medienbericht zu einem Übergriff auf einen Supermarkt für russische Spezialitäten gekommen sein.
TRT Deutsch
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