Österreich: Verfassungschef wegen Ulrichsberg-Reden in der Kritik (LPD Kärnten)
Folgen

Stephan Tauschitz ist seit Februar der neue Leiter des Kärntner Verfassungsschutzes und steht schon in der Kritik. Der ehemalige Fraktionsvorsitzender der Kärntner ÖVP hatte in den Jahren 2008 und 2010 Reden beim Ulrichsbergtreffen von Altnazis und Rechtsextremisten gehalten. Der „Standard“ berichtete zuerst darüber.

Beim Ulrichsbergtreffen handelt es sich traditionell um ein Treffen von Weltkriegsveteranen, das erstmals in den späten 1950er Jahren stattfand. Allerdings entwickelte sich die Veranstaltung über die Jahre zunehmend zu einer zentralen Veranstaltung für ehemalige Angehörige der Waffen-SS und deren Fangemeinde. Die 1953 gegründete „Ulrichsberggemeinschaft“, die das Treffen organisiert, wird mittlerweile vom Verfassungsschutz überwacht.

Rufe nach Rücktritt von Tauschitz werden laut

In seiner Rede von 2010 forderte Verfassungsschutzchef Tauschitz dazu auf, „nicht über die Toten zu richten“, das müsse man Gott überlassen. Nun fordern die Grünen und die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) den Rücktritt von Tauschitz. IKG-Präsident Oskar Deutsch schrieb auf Twitter: „Wer am Ulrichsbergtreffen teilnimmt, sollte vom Verfassungsschutz beobachtet werden und kann diesen nicht leiten.“ Die Huldigung der Waffen-SS und die Legitimation „eines Naziaufmarschs durch Teilnahme“ seien keine Kavaliersdelikte.

Zudem wird dem Verfassungsschutzchef vorgeworfen, er habe den Posten nur bekommen, weil er der ÖVP angehöre – die zusammen mit der SPÖ die Landesregierung bildet. Belegt sei das bislang zwar nicht, aber es gebe Zweifel, was seine Qualifikation betrifft. Tauschitz ist gelernter Betriebswirt und soll als solcher eine Geheimdienstorganisation leiten. Tauschitz selbst habe sich nach eigenen Angaben, damals noch als Verwaltungspraktikant, im Finanzministerium schlicht auf den Posten beworben.

Ulrichsberg – Ort für Anhänger der Waffen-SS

Über Jahrzehnte hinweg zählte in Österreich die Beteiligung von Spitzenpolitikern am Ulrichsbergtreffen zum politischen Alltag – trotz der damit verbundenen Traditionspflege auch für die Waffen-SS. Minister, Landeshauptleute und Bürgermeister von SPÖ, ÖVP und FPÖ waren Festredner. 1958 wurde eine Gedenkstätte für Kriegsheimkehrer am Ulrichsberg errichtet, wo über Jahre die Feiern veranstaltet wurden, bei denen SS-Veteranenverbände maßgeblich beteiligt waren.

Die jährlichen Veranstaltungen am Ulrichsberg sind für die Opfer der Nationalsozialisten unerträglich. Während „SS“-Symbole und Abzeichen als solche in Österreich verboten sind, treffen sich seit dem Jahr 1958 SS-Veteranen aus ganz Europa am Kärntner Ulrichsberg. In der Zeitung „Für die Waffen-SS“ wurden ehemalige Angehörige einer Organisation, deren Name untrennbar mit der Ermordung der europäischen Juden verbunden ist, ausdrücklich für ihren Dienst gelobt.

„Die Abgrenzung zu NS-Gedankengut ist unzureichend“

Neben den ehemaligen SS-Männern haben sich am Ulrichsberg über Jahrzehnte auch ehemalige Wehrmachtsangehörige, schlagende Burschenschafter, Neonazis, Trachtenvereine, Landsmannschaften, Exekutive, Zollwache, Feuerwehren, Pfadfinder und Kärntner Chöre getroffen.

Auch hochrangige Politiker der FPÖ, SPÖ und ÖVP sowie das Bundesheer, das neben Rednern und Militärmusik auch einen Shuttledienst für die Besucher bereitstellte, befanden sich unter den Gästen. Erst im Jahr 2009 untersagte der damalige Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) Angehörigen des Bundesheeres die Teilnahme in Uniform und beendete die logistische Unterstützung. Seine Begründung: „Die Abgrenzung zu NS-Gedankengut ist unzureichend. Solange ich Minister bin, wird das Bundesheer nicht mehr am Ulrichsbergtreffen teilnehmen.“

Nationalistische Gefühle über Parteigrenzen hinweg

Die Tochter des SS-Führers Heinrich Himmler, Gudrun Burwitz, nahm bis zu ihrem Tod im Jahr 2018 als eine lebende Ikone der rechtsextremen Szene an den Veranstaltungen teil. Burwitz nahm 1995 am Ulrichsberg sogar eine Parade der SS-Veteranen ab. In den Medien wurde sie als „schillernde Nazi-Prinzessin“ dargestellt.

Auch der 2008 verstorbene frühere FPÖ-Chef und Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider sorgte damals für weltweite Schlagzeilen. Der Politiker hielt 1995 am Vorabend des Ulrichsbergtreffens eine Ansprache vor Veteranen der Waffen-SS und bezeichnete die Anwesenden als „anständige Menschen“. Gegen Haider wurden damals Ermittlungen wegen Verdachts auf NS-Wiederbetätigung eingeleitet, die später jedoch eingestellt worden.

Für Tauschitz ist der verstorbene Haider ein großes Vorbild. Die Frage, ob es stimme, dass er nächtelang dessen Politikstil analysiert habe, soll Tauschitz nicht verneint haben.

TRT Deutsch