Wegen der zunehmenden islamfeindlichen Stimmung in Frankreich wandern immer mehr junge Muslime in die Türkei aus. Laut einem Bericht von „Le Journal du Dimanche“ zieht die Türkei seit vielen Jahren eine zunehmende Zahl an Muslimen aus Frankreich an.
Vor allem in den vergangenen fünf Jahren hätten sich viele junge Muslime aus Frankreich dazu entschlossen, in die Türkei auszuwandern. Den im Bericht dargestellten Erkenntnissen zufolge sind die Betreffenden im Allgemeinen religiös, weltoffen und geschäftlich aktiv. Darüber hinaus bekennen sich zu den Codes der westlichen Moderne und des Kapitalismus.
Die westlich orientierten Muslime wählten die Türkei nicht zufällig als Auswanderungsland, betonte „Le Journal du Dimanche“. Für viele gerade junge und qualifizierte Muslime sei „die wirtschaftlich entwickelte, westliche und muslimische Türkei zunehmend ein beliebtes Migrationsziel“.
Türkei als Zufluchtsort
Der 32-jährige Thibault (Name redaktionell geändert) aus Isère in Frankreich lebt seit anderthalb Jahren mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Istanbul. Ägypten oder Marokko kam als Auswanderungsland nicht in Betracht. Die Türkei passe ihrer Meinung nach am ehesten zu ihrem Lebensstil. Unter dem Eindruck der Diskussionen über den Islam in Frankreich beschloss die Familie, das Land zu verlassen.
David Bizet wiederum stammt der aus der ostfranzösischen Stadt Dijon und konvertierte erst im Laufe seines Lebens zum Islam. Er lebt seit 2019 in der Türkei. Im Oktober 2020 gründete Bizet dem Bericht zufolge die Facebook-Gruppe „Migration in die Türkei“ – inzwischen hat die Gruppe 2000 Mitglieder.
Stille Flucht von Muslimen aus Frankreich
Auch die „New York Times“ veröffentlichte kürzlich einen Bericht zu diesem Thema. Die Migrationsdebatte stehe derzeit im Mittelpunkt des Wahlkampfs zu den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in Frankreich. Geleichzeitig steige die Zahl der Muslime, die auswandern. Der Artikel mit dem Titel „The Quiet Flight of Muslims From France“ (Die stille Flucht der Muslime aus Frankreich) kommt zu dem Schluss, dass dies alles auf eine tiefe Krise in Frankreich hinweise.
Im Juli 2021 hatte das französische Parlament das sogenannte Anti-Separatismus-Gesetz „zur Stärkung der Prinzipien der Republik“ verabschiedet. Die Gesetzgebung wurde kritisiert, weil sie sich in expliziter und pauschalisierender Weise gegen die muslimische Gemeinschaft in Frankreich richte. Viele Lebensbereiche der mehr als drei Millionen Muslime im Land würden durch paternalistische Maßnahmen auf Grundlage dieses Gesetzes einschränkt.
Die Türkei hat die zunehmende anti-islamische, fremdenfeindliche Rhetorik in Europa wiederholt kritisiert. In Frankreich lebende Muslime seien am meisten davon bedroht.
TRT Deutsch
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