Hessen: Extremistische Gewalttaten innerhalb eines Jahres fast verdoppelt (dpa)
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Die Zahl der extremistischen Gewalttaten in Hessen hat sich innerhalb eines Jahres fast verdoppelt. 2020 zählten die Behörden 79 dieser Straftaten, wie das hessische Innenministerium am Dienstag im Verfassungsschutzbericht für 2020 mitteilte. Ein Jahr zuvor waren es noch 41 gewesen. Grund dafür seien Anstiege in den Bereichen Rechts- und Linksextremismus. Die rechtsextremistischen Gewalttaten stiegen laut Bericht von 31 und 42 Fälle. Dazu zählt unter anderem der rassistische Anschlag von Hanau, bei dem im Februar 2020 der 43-jährige Attentäter Tobias R. in zwei Hanauer Gaststätten neun Menschen mit Migrationshintergrund erschoss und fünf weitere verletzte.

Kampf gegen alle Auswüchse der rechtsextremistischen Szene

„Die Sicherheitsbehörden unseres Landes haben den Kampf gegen alle Auswüchse der rechtsextremistischen Szene mit großer Entschlossenheit weiter verschärft“, erklärte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU). Dieser Kampf habe weiterhin höchste Priorität. „Rechtsextremistische Straftäter werden kompromisslos verfolgt und illegaler Waffenbesitz mit gezielten Durchsuchungen aufgedeckt“, erklärte Beuth. Zwölf Polizisten gelten laut Verfassungsschutz als extremistisch. Keiner davon sei derzeit aktiv im Dienst. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Rechtsextremisten in Hessen leicht. Im Fünfjahresvergleich war hingegen ein stärkeres Wachstum zu erkennen: 2016 zählte der Verfassungsschutz 1335 Menschen zur Szene - 2020 waren es 1660. Der hessische Verfassungsschutz schätzt 52 Prozent der Szeneangehörigen als gewaltbereit ein. 2020 galten 860 Menschen als gewaltunterstützend. Die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten stieg zwischen 2016 und 2020 um rund 52 Prozent. Im gleichen Zeitraum verdoppelte sich die Zahl der Gewalttaten von 23 auf 42 nahezu. Für ihre Ziele hätten Rechtsextremisten die Corona-Pandemie genutzt. Zudem sei in der Szene ein erstarkter Missionseifer zu erkennen.

Rechtsextremisten fühlen sich im Aufwind

„Unsere Erkenntnisse unterstreichen, dass sich Rechtsextremisten im Aufwind fühlen“, erklärte Robert Schäfer, Präsident des hessischen Verfassungsschutz. Rechtsextremisten fühlten sich gesellschaftlich nicht mehr komplett ausgegrenzt und erhielten in sozialen Netzwerken Zuspruch. Im Bereich des Linksextremismus stieg die Zahl der Gewalttaten von fünf auf 34. Davon seien 31 den Protesten gegen die umstrittene Rodung des Dannenröder Forsts für die Autobahn 49 in Mittelhessen zuzuordnen. Die Zahl der Anhänger der linkensextremistischen Szene stieg leicht auf 2600. Mit einem Anstieg von rund einem Prozent seit 2016 blieb das sogenannte Personenpotenzial konstant. 2020 wurden 110 linksextremistische Straftaten registriert - nach 90 im Jahr 2016. Im Zusammenhang mit legitimen Umweltschutzprotesten könnten gewaltorientierte Extremisten in Erscheinung treten und Gewalttaten begehen, erklärte Schäfer.

AFP