15. Juni 2021: Der Fußballtrainer Ömer Erdoğan während des Interviews mit TRT Deutsch (Screenshot aus Video-Interview)
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Der in Deutschland geborene Ex-Fußballer Ömer Erdoğan hat nach dem Start seiner Profikarriere in Deutschland unter anderem für Galatasaray und Bursaspor in der türkischen Süper Lig gespielt. Letztgenannten Verein führte er zur ersten Meisterschaft seiner Vereinsgeschichte. Heute macht er durch seine Erfolge als Trainer von Hatayspor auf sich aufmerksam.

Im Interview mit TRT Deutsch teilt er seine Erfahrungen aus Deutschland und der Türkei sowie seine Zukunftspläne mit.

Welche Erfahrungen haben Sie als Fußballspieler in Deutschland gemacht?

Ich habe eigentlich nur positive Erfahrungen gemacht. Ich bin ja in Kassel aufgewachsen, habe in der Jugendmannschaft in Kassel gespielt. Bevor ich in die Türkei gewechselt bin, habe ich die Möglichkeit gehabt, bei St. Pauli als Profi ein Jahr Erfahrung zu sammeln. Das hat mir, glaube ich, den Sprung in die Türkei, in die Süper Lig, leicht gemacht, dass ich vor meinem Wechsel Bundesligaerfahrungen sammeln konnte. Das war ein riesiger Schritt und eine riesige Erfahrung für mich.

Was waren die wichtigsten Punkte, die Sie als Türke in Deutschland zurück in die Türkei mitnehmen konnten?

Disziplin an erster Stelle. Ich habe wirklich in meiner Fußballerkarriere sehr diszipliniert trainiert und gelebt. Meine Mitspieler waren auch sehr bekannte Spieler, die vorher in der Ersten Bundesliga gespielt hatten. Ich konnte mich damals mit denen auch über alles austauschen, mir vieles abgucken. Das hat mir in meiner Fußballerzeit wirklich sehr gut getan.

Was gibt es denn, worin der türkische Fußball besser ist als der deutsche?

Wir sind leidenschaftlicher, denke ich mal. Wie sagt man: Die Deutschen sind professioneller, aber wir spielen auch mit mehr Herz und mit mehr Gefühl. Manchmal ist das positiv, manchmal ist das ein Nachteil. Was viel wichtiger ist, ist natürlich, dass man die Disziplin an erster Stelle haben muss. Die Leidenschaft muss man natürlich mitbringen, aber wenn man nur mit Leidenschaft spielt, dann bringt das auch nichts.

Sie wechselten von St. Pauli zu Erzurumspor. Können Sie uns vom Transfer in die Türkei berichten?

Als ich damals bei St. Pauli in der 2. Bundesliga war, war Cem Karaca mit mir im Verein, Ali Güneş war damals beim SC Freiburg. Es gab nicht viele türkischstämmige Spieler in Deutschland, aber es war immer ein Interesse an türkischen Spielern vorhanden, die in Deutschland spielen. Daher haben sich für mich und meine Kollegen sehr viele Vereine in der Türkei interessiert. Es war für mich reizvoll, in meinem Land eine Klasse höher in der Süper Lig zu spielen. Ich musste alles in Deutschland lassen und beim Schritt in die Türkei dann alles selber machen, was für mich ein Neuanfang war. Wenn ich heute zurückschaue, war das damals der richtige Weg, diese Entscheidung zu treffen.

Ömer Erdoğan, Trainer von Hatayspor (AA)

Inwiefern verkörpern Sie die „deutsche Seele“ in der Türkei?

Ich kenne jetzt die türkische Liga sehr gut. Ich habe selber 15 Jahre in der Süper Lig als Spieler gespielt, danach habe ich drei Jahre als Co-Trainer mit einem Trainer gearbeitet. Ich versuche heute, mir aus beiden Kulturen selbst ein eigenes System aufzubauen. Ich versuche, die deutsche Disziplin und die türkische Leidenschaft zusammenzumischen, um daraus etwas Erfolgreiches herauszuholen.

Können Sie sich einen Trainerposten in der Bundesliga vorstellen?

Ich sage es mal so: Es haben sich in Deutschland in den letzten zwei, drei Monaten sehr bekannte Berater, auch Trainerberater bei mir gemeldet und gefragt, ob ich mir eine Zusammenarbeit vorstellen kann. Mein Name spricht sich anscheinend jetzt auch in Deutschland herum, und dass ich sehr gute Kontakte zu Bundesligisten habe. Das hat mich natürlich sehr glücklich gemacht. Mein Ziel ist natürlich auch, irgendwann mal in der deutschen Bundesliga zu arbeiten. Natürlich reizt es mich, aber es muss zeitlich und auch vom Projekt her gut zusammenpassen.

Ihr letztes Spiel im Trikot der türkischen Nationalmannschaft haben sie gegen Deutschland bestritten. Was bedeutet das für Sie?

Das war natürlich ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist als Spieler mit türkischen Wurzeln, der in Deutschland geboren ist. Wenn mich einer während meiner Karriere gefragt hätte, „Ömer, du hast eine Chance, in einem Länderspiel für die Türkei mitzuspielen. Was würdest du dir wünschen?“, das wäre natürlich ein Spiel gegen Deutschland in Deutschland gewesen. Auch der Fans wegen, die in Deutschland leben. Dieser Traum ist in Erfüllung gegangen. Dieses Spiel war vielleicht eines meiner wichtigsten Spiele in meiner Karriere.

Wie interessant ist für Sie als Trainer in der Türkei der türkischstämmige Fußballnachwuchs in Deutschland? Sind das begehrte Spieler?

Ja, sehr begehrte Spieler. Die deutsche Ausbildung für Jugendliche ist nach meiner Einschätzung mit Spanien, Holland und Belgien weltweit vorne. Natürlich sind auch türkischstämmige Spieler, die sehr gut ausgebildet werden, interessant für türkische Vereine.

TRT Deutsch