Der Okhchuchay-Fluss im aserbaidschanischen Berg-Karabach (TRT Deutsch)
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von İbrahim Altıparmak / Berlin, Orhan Çığ / Baku

Am 10. November 2020 ist die militärische Auseinandersetzung um Berg-Karabach mit dem Sieg Aserbaidschans über Armenien beendet worden. Die Befreiung der einst völkerrechtswidrig besetzten Gebiete führte zwar zu einem Aufatmen für die aserbaidschanische Bevölkerung - damit sind jedoch nicht alle Probleme gelöst. Während die Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten andauern, hat sich ein weiteres Problem offenbart: die andauernde Verschmutzung des grenzüberschreitenden Okhchuchay-Flusses durch armenische Unternehmen.

Die Gesamtlänge des Okhchuchay beträgt 83 km. Er ist ein Nebenfluss des Araz, der im Zangazur-Gebirge entspringt. Er fließt zum größten Teil durch die Region Zangezur in Armenien. Der Unterlauf des Flusses fließt durch die Region Zangilan in Aserbaidschan und ist eins der wichtigsten Gewässer in dem Gebiet.

Kritik an deutschem Unternehmen Cronimet

TRT Deutsch hat sich vor Ort die Verschmutzung angesehen und mit den aserbaidschanischen Behörden gesprochen. Ein stellvertretender Abteilungsleiter des aserbaidschanischen Ministeriums für Ökologie und natürliche Ressourcen, Raqub Mirzayev, beklagte dabei das Ausmaß der Verschmutzung - und die Mitschuld der deutschen Unternehmensgruppe Cronimet Holding GmbH.

„Ein Großteil dieser giftigen Abfälle geht auf das Bergbauunternehmen Sangesurer Kupfer-Molybdän-Kombinat zurück. 60 Prozent der Anteile besitzt, soweit ich weiß, die deutsche Cronimet Holding GmbH“, so Mirzayev.​

Laut Untersuchungen eines deutschen Labors für Wasserproben sei der Gehalt an Nickel in dem Gewässer sieben Mal, der von Eisen vier Mal und der von Kupfer-Molybdän-Verbindungen doppelt so hoch als in der Norm vorgegeben. Dies sei eine Folge der Aktivitäten des deutschen Unternehmens, das ohne jegliche ökologische Bedenken chemische Abfälle im Okhchuchay entsorge.

Artensterben im Okhchuchay durch das Sangesurer Kombinat

Die übermäßige Freisetzung von Schwermetallen im Fluss zerstöre die Flussfauna, gefährde die Artenvielfalt im Fluss und sei zudem auch äußerst gefährlich für die Gesundheit. „Wenn es mit der Verschmutzung des Flusses so weitergeht, wird dies große Auswirkungen nach sich ziehen - sowohl für die Menschen als auch für die Natur“, erklärte Mirzayev.​

Verendete Fische im Okhchuchay-Fluss (TRT Deutsch)

Die Behörden hätten schon jetzt ein massives Forellensterben im Fluss festgestellt - darunter auch einzigartige Fische, die nur im Okhchuchay-Fluss vorzufinden seien. Die Verschmutzung des Flusses sei alarmierend. „Das Wasser hier ist so verschmutzt, dass man dies an den unterschiedlichen Verfärbungen erkennen kann. Mal ist der Fluss rot, mal giftgelb, mal bräunlich.“​

Inzwischen sollen die deutschen Anteile an dem Unternehmen zwar veräußert worden sein, doch der entstandene Schaden bleibt. Laut „Moody’s Investors Service“ verkaufte Cronimet Ende Dezember 2019 seine Anteile wieder an ​das Sangesurer Kombinat. Cronimet unterhält jedoch weiterhin enge Beziehungen zu Armenien. Der Gründer und Geschäftsführer Günter Pilarsky ist Honorarkonsul der Republik Armenien für den Konsularbezirk Baden-Württemberg.

Gründer und Geschäftsführer der Cronimet Gruppe, Günter Pilarsky, bei einem treffen mit dem armenischen Premierminister Nikol Paschinjan. (Gov.am)

Appell an Umweltschützer und die deutsche Politik

Die aus Berg-Karabach vertriebenen Aserbaidschaner wollen nun nach Kriegsende in ihre Heimat zurückkehren. Doch der armenische Ökozid gefährdet das Trinkwasser und die Landwirtschaftsflächen.

Mirzayev forderte deshalb die internationalen Organisationen auf, die Umweltbedrohung in Berg-Karabach durch Armenien zu thematisieren und die Öffentlichkeit für die Risiken zu sensibilisieren. Er habe auch an die Bundesregierung und die Fraktion der Grünen appelliert, ihre Aufmerksamkeit auf diese Angelegenheit zu lenken. „Bedauerlicherweise“ habe man bisher keine Reaktion erhalten, beklagt Mirzayev. „Das zeigt - wie häufig in anderen Bereichen auch - eine Doppelmoral im Bereich Ökologie.“

TRT Deutsch