10.07.2018, China, Guangzhou: Autoverkäufer beraten Kunden in einem Autohaus von Mercedes-Benz. In der globalen Corona-Krise setzen die deutschen und internationalen Autobauer große Hoffnungen auf die Erholung in China. (dpa)
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In der globalen Corona-Krise setzen die deutschen und internationalen Autobauer große Hoffnungen auf die Erholung in China. Zum Auftakt der internationalen Autoausstellung am Samstag in Peking sagten Experten einen weiteren Zuwachs auf dem weltgrößten Automarkt in China bis Jahresende und auch im nächsten Jahr voraus. Während das Geschäft weltweit stark eingebrochen ist, wachse die Bedeutung Chinas noch. Das erhöht auch das politische Gewicht Pekings.
Da China das Coronavirus weitgehend im Griff hat und schon lange kaum noch lokalen Infektionen zählt, konnte die im Frühjahr zunächst verschobene Ausstellung nachgeholt werden. In den Vorjahren hat die abwechselnd in Shanghai und Peking stattfindende jährliche Messe, die zu den größten der Autobranche zählt, Millionen Besucher angezogen. Aus Angst vor der Einschleppung des Virus gelten in China aber weiter strenge Beschränkungen der Einreise und zwei Wochen Quarantänepflicht. Auch gibt es nur wenig Flüge nach China.
„Ich rechne mit einem sehr guten Absatz in der zweiten Hälfte des Jahres“, sagte Cui Dongshu von Chinas Personenwagenvereinigung (CPCA) der Deutschen Presse-Agentur in Peking. Nach dem starken Einbruch wegen der Pandemie in der ersten Hälfte des Jahres werde sich der erwartete Rückgang für das gesamte Jahr auf ein Minus von nur noch fünf bis acht Prozent verkleinern. Trotz aller Unsicherheiten rechnet der Experte im kommenden Jahr mit einem Zuwachs von acht Prozent. Andere Fachleute erwarten auch ein Plus von fünf bis sieben Prozent.
„Ohne China wäre die deutsche Autoindustrie kaum wiederzuerkennen“, sagte Ferdinand Dudenhöffer vom Center for Automotive Research (CAR) in Duisburg. Mercedes habe im zweiten Quartal einen Rückgang weltweit von 20 Prozent erlitten, aber den Absatz in China um 22 Prozent gesteigert, verdeutlichte der Experte die Lage. Bei BMW habe es „noch krasser“ ausgesehen: Einem weltweiten Einbruch von 25 Prozent habe im zweiten Quartal ein Zuwachs von 17 Prozent in China gegenübergestanden.
„China hat während der Pandemie deutlich an Bedeutung für die deutschen Autobauer gewonnen“, bilanzierte Dudenhöffer. Von seinen Autos weltweit habe der VW-Konzern dieses Jahr 40 Prozent in China verkauft. Eine starke Abhängigkeit von einer großen Region sei immer ein Risiko, sagte er. „Die Frage ist aber, welches Risiko ist größer: Die Abhängigkeit von China oder in China zum Nischenanbieter zu werden?“
China habe großes Interesse an einer Zusammenarbeit mit Deutschland. Risiken könnten „handhabbar“ und „tragbar“ gemacht werden, findet der Experte. Ein viel größeres Risiko seien die USA unter US-Präsident Donald Trump, weil sie unberechenbar seien: „Wenn Trump einen schlechten Tag hat und ein paar Wählerstimmen braucht, erhebt er über Nacht Zölle gegenüber der deutschen Autoindustrie.“ Seine Zollkriege hätten deutschen Autoherstellern schon Milliarden-Verluste beschert.
Enge Wirtschaftskooperation prägt auch Politik
Wo der Markt in Europa und den USA nicht so gut laufe, zeige sich, „wie dramatisch wichtig dieser Markt ist“, sagte auch Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM). „China ist schon mehr als ein Hoffnungsträger, es ist ein wichtiger Anker gerade für die deutschen Autobauer.» Es könne sich kein Hersteller leisten, diesen Markt auszuklammern. „Aber jetzt muss man schon sehr aufpassen, dann man auch die anderen Märkte nicht vernachlässigt.“
Die wachsende Abhängigkeit sei nicht unproblematisch. „Wenn der Markt ein Problem bekommt und man ist dort weit überproportional aktiv, dann kann man in Turbulenzen geraten“, sagte Bratzel. „Ein sehr hoher Marktanteil in China bedeutet natürlich auch eine Art Abhängigkeit politischer Dimension bis hin zu Erpressbarkeit.“
Hinter der Wende im Autogeschäft steckt die wirtschaftliche Erholung in China, das als erste große Volkswirtschaft wieder Wachstum zeigt. Auch die Angst der Menschen, in der Pandemie öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, gilt als Motivationsfaktor für einen Autokauf. Der Absatz von Personenwagen stieg im August um 8,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat auf 1,73 Millionen - nach einem Plus von 7,9 Prozent im Juli. Elektrofahrzeuge verkauften sich mit einem Zuwachs von 45 Prozent im August auf 82 500 schneller.

dpa