Abschluss des G7-Gipfels: Kampf um Ausnahmen der globalen Steuerreform – Treffen der sieben führenden Industrienationen in Cornwall (dpa)
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Die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen (G7) haben sich am Sonntag hinter die Pläne für eine weltweite Steuerreform gestellt. Doch trotz der jüngsten Einigung beim G7-Finanzministertreffen, die teilweise als historisch gefeiert wurde, tobt im Hintergrund ein Kampf um mögliche Ausnahmen. Diese könnten vor allem entscheidend werden, um China ins Boot zu holen. Im Juli wird es beim G20-Finanzministertreffen in Venedig zum Schwur kommen. Dann wird sich zeigen, ob die G7-Pläne im größeren Kreis mit den wichtigsten Schwellenländern Bestand haben - oder Ausnahmen für bestimmte Branchen und Sonderwirtschaftszonen das ehrgeizige Projekt zerschießen. Im Abschlussdokument des G7-Gipfels im südenglischen Cornwall heißt es, ein faires Steuersystem sei nötig. Die Einigung der Finanzminister vor einer Woche werde daher gebilligt. Auf G20-Ebene werde hoffentlich nun im Juli ein Durchbruch erreicht. „Damit haben wir einen signifikanten Schritt genommen, um ein Steuersystem zu schaffen, das fit ist für das 21. Jahrhundert.“ Ein 40-jähriger Wettlauf in Richtung immer niedrigerer Unternehmenssteuern könne so beendet werden. Für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro soll künftig eine effektive Mindeststeuer in Höhe von 15 Prozent gelten. Besonders große und profitable Unternehmen - mit einem Jahresumsatz von mindestens 20 Milliarden Euro und einer Ertragsmarge von zehn Prozent und mehr - sollen zudem stärker als bisher in den sogenannten Marktstaaten Steuern abliefern. Das sind oft Schwellenländer, wo wegen der großen Bevölkerungen etwa in China, Indien und Brasilien riesige Umsätze erzielt werden, die Gewinne daraus aber dann regelmäßig in Niedrigsteuergebiete oder Steueroasen verschoben werden. In der Abschlusserklärung zum Finanzministertreffen war von möglichen Ausnahmen nicht die Rede, auch jetzt wurden sie nicht erwähnt - womit eine wichtige Frage offengelassen wurde. „Wenn man eine Mindeststeuer durchsetzen will, kann man den Standpunkt einnehmen, dass es keine Ausnahmen geben sollte“, sagt der Steuerexperte Robert Danon, der an der Universität von Lausanne lehrt. „Aber das ist nicht realistisch.“ Viele Länder nutzten traditionell Steueranreize, um politische Ziele durchzusetzen - etwa Forschung & Entwicklung zu fördern oder ausländische Investitionen anzulocken. China gilt als harte Nuss Letzteres gilt vor allem für China. Sonderwirtschaftszonen mit besonders niedrigen Steuersätzen sind in der Volksrepublik ein bewährtes Instrument in den vergangenen Jahrzehnten gewesen. Auch mit den dort erfolgten Investitionen stieg China zur zweitwichtigsten Wirtschaftsmacht der Welt auf - und gewann dadurch immer mehr politisches Gewicht. In Verhandlungskreisen heißt es, die Regierung in Peking habe ernsthafte Bedenken und sträube sich gegen die Mindeststeuer. Ausnahmen könnten deswegen ein Weg sein, um von China im G20-Kreis grünes Licht zu bekommen. China sei die härteste Nuss, sagt einer, der die Steuerreform seit Jahren mitverhandelt. Allerdings geht es der Führung in Peking nicht nur um Sonderwirtschaftszonen. Mit niedrigen Steuersätzen sind auch viele Technologie-Konzerne des Landes groß geworden. Firmen wie Alibaba und Tencent nutzen zum Beispiel die Steueroase Kaiman-Inseln, wo gar keine Unternehmenssteuern gezahlt werden müssen. China dürfte insofern eher auf der Bremse stehen, auch weil viele Konzerne von dort derzeit auf Einkaufstour im Ausland sind. Sie sind oft noch deutlich kleiner als ihre US-Rivalen. Eine höhere Besteuerung könnte der Expansion zuwiderlaufen. Andere Schwellenländer wie Mexiko, Südafrika und Indonesien, die alle Teil der G20-Gruppe sind, haben sich dagegen schon für die globale Steuerreform ausgesprochen. „Ich bin zuversichtlich, dass wir am Ende einen Deal mit China erzielen werden“, sagt ein Verhandler zu Reuters. Es werde wie immer ein Geben und Nehmen sein. Die Regierung in Peking hat sich nach außen bislang bedeckt gehalten. Die G20-Finanzminister müssten die Bedenken aller Seiten aufnehmen, heißt es lediglich aus dem chinesischen Außenministerium. Entscheidend vor dem G20-Treffen in Venedig könnten Sitzungen auf Ebene der OECD am 30. Juni und 1. Juli werden. Die Industriestaaten-Organisation koordiniert die Steuerreform für 139 Länder. Dort könnten auch Bedenken Großbritanniens erneut zur Sprache kommen, die sich vor allem gegen die neue Verteilung von Besteuerungsrechten der 100 größten und profitabelsten Konzerne richten. Die in London höchst einflussreiche Finanzbranche soll Insidern zufolge nach dem Willen der britischen Regierung ausgenommen werden.

Reuters