Symbolbild. Eine Bankangestellte im chinesischen Huaibei zählt Geldscheine. (dpa)
Folgen

Evergrande ist offenbar nicht das einzige groß dimensionierte Finanzproblem, mit dem Chinas Führung innenpolitisch konfrontiert ist: Analysten von Goldman Sachs sehen einen sogar noch besorgniserregenderen Brandherd in der wachsenden Verschuldung der dortigen Lokalregierungen. Die Getreuen des kommunistischen Parteichefs Xi Jinping versuchen diese nach Kräften zu verbergen, heißt es in einem Artikel des Wirtschaftsmagazin „Forbes“.

Im Vergleich zu den 8,2 Billionen Dollar an ausstehenden Finanzierungsinstrumenten der lokalen Regierungen Chinas erscheinen die Zahlungsausfälle bei der mit über 300 Mrd. Dollar am höchsten verschuldeten Immobiliengesellschaft der Welt, Evergrande, wie „kleine Glutnester“, schreibt „Forbes“.

Lokalregierungen schulden mehr als die Zentralregierung

„Und das ist nur der Stand von Ende 2020 und jener lokalen Finanzierungsinstrumente, von denen wir wissen“, weist Maggie Wei von Goldman darauf hin, dass die wahre Summe wohl deutlich höher sein dürfte. Im Jahr 2013 hatte die Verschuldung der lokalen Verwaltungen sich noch auf 2,47 Billionen Dollar belaufen. Mittlerweile sind es etwa 52 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts und damit mehr als der offizielle Betrag der noch nicht berichtigten Staatsschulden der Zentralregierung in Peking.

Die 300-Milliarden-Dollar-Schulden des Immobilienriesen Evergrande, dessen Aktien am Montag an der Hongkonger Börse vom Handel ausgesetzt waren, sind damit nur ein Teilaspekt einer größeren Herausforderung für Machthaber Xi Jinping und sein Kabinett. Für die Führung ist das Kernproblem, das BIP in diesem Jahr nicht zu weit unter die von Peking erhofften 6,0 Prozent fallen zu lassen. Sonst würde sich die Sorge vor einer Kreditblase des Landes weiter vergrößern.

Schulden machen als Karriere-Garantie für Lokalpolitiker

Die Ursachen dafür, dass die Lokalregierungen auf Schulden sitzen, die doppelt so hoch sind wie das deutsche BIP, reichen bis ins Jahr 2008 zurück. Schon vor der Lehman-Brothers-Krise förderte die Kommunistische Partei die Kreditaufnahme der Kommunen.

Eine Art und Weise, wie lokale Beamte in Peking Aufmerksamkeit erlangen und zu nationaler Prominenz aufsteigen konnten, bestand darin, überdurchschnittliche BIP-Raten zu erzielen. Das veranlasste einige Dutzend Präfekturen zu einer Art „Infrastrukturwettrüsten“, schreibt „Forbes“. Ein beispielloses Wettrennen um den Bau von Wolkenkratzern, Autobahnen, internationalen Flughäfen und Hotels, ausgedehnten Einkaufsvierteln und Vergnügungsparks entbrannte.

Im Anschluss an die Subprime-Krise erreichte diese Strategie ihren Höhepunkt. Der damalige Präsident Hu Jintao nutzte die lokalen Regierungen, um die schlimmsten Folgen der globalen Finanzkrise abzufedern. Dasselbe gilt derzeit für die Covid-19-Krise.

Internationale Investmentbanken befürchten Vergeltungsmaßnahmen

In diesen Tagen befürchten internationale Investmentbanken und Nachrichtenorganisationen, dass die Warnung vor Chinas Schuldenblase bei den lokalen Regierungen zu Vergeltungsmaßnahmen führen könnte. Keine guten Aussichten für die größte Volkswirtschaft Asiens, die BlackRock, JPMorgan, UBS und anderen, die auf sie zustürmen, den roten Teppich ausrollt, so „Forbes“. Mehr zum Thema: China wappnet sich für Evergrande-Kollaps – Deutsche Autoindustrie zittert

TRT Deutsch und Agenturen