16.04.2021, Berlin: Ein Auto mit Plug-in-Hybrid-Antrieb lädt in Berlin-Mitte an einer Ladesäule. (dpa)
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Käufern von Plug-in-Hybridautos droht ein schnelles Aus von staatlichen Zuschüssen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will die Förderung schon Ende 2022 streichen. Das ist früher als geplant - und anders als im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP festgehalten. Deswegen bahnt sich nun ein Koalitionsstreit an. SPD, Grüne und FDP hatten sich zwar eine Reform der Förderung vorgenommen. Im Koalitionsvertrag aber ist von einem Aus der Zuschüsse für Plug-in-Hybride nicht die Rede.
Dort heißt es, die Förderung für elektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride solle grundsätzlich so reformiert werden, dass sie ab 1. Januar 2023 nur für Fahrzeuge ausgegeben werde, die „nachweislich einen positiven Klimaschutzeffekt haben“ - der über einen elektrischen Fahranteil und eine elektrische Mindestreichweite definiert werde.
Eine Förderung von Plug-in-Hybridfahrzeugen in Abhängigkeit von der elektrischen Fahrleistung hätte zu „unverhältnismäßig hohem Aufwand geführt“ und sei deshalb verworfen worden - so steht es in einem Schreiben von Michael Kellner, Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, an Abgeordnete der Koalition. Deswegen solle die Förderung für Plug-in-Hybridfahrzeuge am 31. Dezember 2022 beendet werden.
Fokus von Fördergeld künftig auf Klimaschutz
Habeck sagte der Funke-Mediengruppe, die künftige Förderung von E-Autos solle stärker auf Klimaschutz ausgerichtet werden: „Plug-in-Hybride sind unserer Meinung nach marktgängig und brauchen keine öffentliche Förderung mehr.“
Die FDP reagierte verschnupft. „Im Koalitionsvertrag haben die Ampel-Parteien vereinbart, die Innovationsprämie auch für Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge fortzuführen“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagfraktion, Bernd Reuther, am Donnerstag. „Es gibt keinen Grund, jetzt von dieser Vereinbarung abzurücken. Jedes elektrisch betreibbare Fahrzeug leistet einen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele. Wir müssen einen Umstieg auf solche Fahrzeuge so attraktiv wie möglich machen und diese Fahrzeuge entsprechend auch fördern.“
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Anke Rehlinger sagte dem „Handelsblatt“, Hybridmotoren seien eine wichtige Brücke in die automobile Zukunft. Die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages gäben den Unternehmen Zeit und verbesserten zugleich die Klimabilanz, indem auf den elektrischen Anteil an der Fahrleistung abgehoben werde.
Aufhebung von Förderung könnte E-Mobilität gefährden
Heftige Kritik kam aus der Autobranche. „Die Überlegungen, die Förderung für Plug-in Hybride auslaufen zu lassen, gefährdet in einer ohnehin angespannten Zeit den Hochlauf der E-Mobilität und ignoriert die Lebenswirklichkeiten der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland“, sagte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller.
Die Ladeinfrastruktur für reine E-Autos sei immer noch vollkommen unzureichend ausgebaut, sagte Müller weiter. Deswegen dienten Plug-in-Hybride als Wegbereiter. Reichweitenangst bei Langstreckenfahrten gebe es hier nicht.
„Es ist überfällig, die ökologisch und wirtschaftlich widersinnige Förderung von Plug-in-Hybriden zu beenden“, sagte dagegen Greenpeace-Verkehrsexpertin Marion Tiemann. Michael Müller-Görnert vom ökologischen Verkehrsclub VCD sagte, Plug-in-Hybride würden vor allem im SUV-Segment angeboten. „Analysen zeigen, dass die Fahrzeuge mit kombiniertem Verbrennungs- und Elektromotor überwiegend nicht elektrisch gefahren werden.“ Damit entfalle der Umweltvorteil, also der eigentliche Grund für den staatlichen Zuschuss. „Das Geld ist besser angelegt, wenn wir es in den Ausbau von Bus und Bahn und sichere Rad- und Fußverkehrsnetze investieren.“
Mitte 2020 war die bis dahin gültige Kaufprämie („Umweltbonus“) durch eine „Innovationsprämie“ aufgestockt wurde. Der Bund verdoppelte seine Förderung, während der Preisnachlass der Hersteller unverändert blieb. Dies führte zu einem Run auf die milliardenschwere Förderung. Die Zahl der Neuzulassungen von reinen E-Autos und Plug-in-Hybriden stieg deutlich an.
Ziel der Ampel-Koalition ist es, dass es bis 2030 mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw geben soll. Nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts gab es zum Stichtag 1. Januar rund 618 000 reine Elektrofahrzeuge - bei einem Gesamtbestand von 48,5 Millionen Pkw.
Förderung für reine E-Autos weiterhin bis 9000 Euro
Käufer von rein elektrisch betriebenen Elektrofahrzeugen bekommen noch bis Jahresende inklusive Hersteller-Preisnachlässen eine Förderung von bis zu 9000 Euro. Bei Plug-in-Hybriden gibt es bis zu 6750 Euro.
Auch für reine E-Autos soll es nach den Plänen Habecks künftig weniger Geld vom Staat geben. Der Bundesanteil soll 2023 noch 4000 Euro betragen, 2024 und 2025 sollen es noch 3000 Euro sein. Bisher liegt der Bundesanteil bei bis zu 6000 Euro.
Und noch etwas anderes ist für Käufer wichtig: Die Prämie soll weiterhin an das Datum der Fahrzeugzulassung gebunden sein. Habeck wies Forderungen aus der Industrie zurück, angesichts langer Lieferzeiten die Förderung an den Zeitpunkt des Kaufs zu knüpfen: „Die Anfälligkeit für Missbrauch ist zu hoch, wenn der Zeitpunkt des Vertragsabschluss zählt und nicht die Zulassung.“ Er fände es hilfreich, wenn die Autohersteller selbst die Differenz ausgleichen würden, die durch die längeren Lieferzeiten entstehen könne.
Falls sich also Habeck in der Koalition durchsetzt und die staatliche Förderung für Plug-in-Hybride Ende 2022 ausläuft, könnten viele Käufer, die einen Zuschuss wollen, leer ausgehen - weil ihr Auto bis zum Jahresende noch nicht geliefert wurde. Denn Käufer müssen zurzeit teilweise monatelang auf neue Fahrzeuge warten.
VDA-Präsidentin Müller kritisierte: „Es ist nicht zumutbar, dass durch eine mögliche spätere Auslieferung – auch in Folge der Entwicklungen durch den Krieg in der Ukraine - das Risiko in Kauf genommen werden muss, mehrere tausend Euro zusätzlich aufbringen zu müssen. Viele Menschen werden so vom Einstieg in die E-Mobilität abgeschreckt.“ Die Hersteller gewährten ihren Teil der Prämie auch zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses.

dpa