Symbolbild. Deutschland kommt langsamer aus der Wirtschaftskrise als erhofft: Die Bundesregierung erwartet für das laufende Jahr einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent. / Photo: DPA (dpa)
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Deutschland kommt langsamer aus der Wirtschaftskrise als erhofft: Die Bundesregierung erwartet für das laufende Jahr einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent. „Wir sehen momentan konjunkturelle Schwierigkeiten, ausgelöst durch die Nachwehen der Energiepreiskrise, die notwendige Inflationsbekämpfung der Europäischen Zentralbank und das Schwächeln wichtiger globaler Wirtschaftspartner“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Berlin. Im Frühjahr hatte die Prognose noch bei 0,4 Prozent plus gelegen.

Bundesregierung rechnet mit 2,6 Prozent Inflation im kommenden Jahr

„Das Jahr 2023 war noch immer geprägt von dem schlimmen Angriffskrieg gegen die Ukraine“, sagte Habeck am Mittwoch bei der Vorstellung der Herbstprojektion. Diese und andere geopolitische Unsicherheiten wirkten sich auf die Konjunktur in Deutschland aus. Im kommenden Jahr könnte die Wirtschaftsleistung laut Prognose der Regierung aber wieder um 1,3 Prozent zulegen.

Diesen Aufschwung dürfte eine abgeschwächte Inflation begünstigen: Die Bundesregierung geht von einem Wert von 2,6 Prozent im kommenden Jahr aus. 2025 könnte die Inflation dann zwei Prozent betragen, was dem Ziel der Europäischen Zentralbank entspräche. In diesem Jahr wird sie laut Prognose bei 6,1 Prozent liegen.

Habeck: Fachkräftemangel drängendstes Strukturproblem

Habeck zeigte sich dennoch optimistisch: „Wir verlassen das Tal, es geht wieder aufwärts.“ Klar sei, dass Deutschland seine Wachstumsprobleme lösen müsse und große strukturelle Herausforderung zu bewältigen habe. „Probleme wie die überbordende Bürokratie und der Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel schlagen jetzt zu Buche“, sagte Habeck. Zwar würden diese Probleme bereits angegangen, „wir brauchen aber einen langen Atem“, so der Minister.

Die drängendste strukturelle Schwierigkeit sei der Fachkräftemangel. Einerseits müssten deshalb Rahmenbedingungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Pflege und der Ausbildung verbessert werden. „Es ist aber offenkundig, dass Deutschland auch auf Zuwanderung angewiesen ist, um den Arbeitskräftebedarf zu decken“, betonte Habeck. Der Zugang von Geflüchteten auf den Arbeitsmarkt müsse daher erleichtert werden. „Wenn jemand jetzt schon seit einiger Zeit hier ist, sollte die Devise doch sein: Raus aus dem Sozialsystem, rein in die Beschäftigung.“

IHK-Chef vermisst Aufbruchsignal für die Wirtschaft

Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Martin Wansleben, bemängelte ein fehlendes Signal zum Aufbruch. „Die Stimmung in der Wirtschaft ist alles andere als gut“, erklärte er. Zwei von fünf Industriebetrieben stellten Investitionen wegen der hohen Energiepreise derzeit zurück. Steuern und Abgaben, Bürokratie und Unsicherheiten bei der Energieversorgung belasteten die Geschäfte.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Reinhard Houben, machte „massive globale Verwerfungen“ für die schlechten Zahlen verantwortlich, dazu auch „Versäumnisse der Wirtschaftspolitik in der Zeit der großen Koalition“. Das kommende Jahr müsse „endlich“ die lang erhoffte Erholung bringen. Das Wachstumschancengesetz und die geplante Entlastung der Bürokratie seien dabei wichtige Impulse.

„Die derzeitige Wirtschaftskrise Deutschlands ist hausgemacht“

Die Union sieht die Schuld an der wirtschaftlichen Lage bei der Regierung. „Die derzeitige Wirtschaftskrise Deutschlands ist hausgemacht“, sagte der Obmann der Unionsfraktion im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages, Hansjörg Durz (CSU). Minister Habeck rede sich die „wirtschaftliche Lage des Landes seit Monaten schön“. Dabei sei Deutschland das einzige Industrieland, in dem die Wirtschaft derzeit nicht wachse.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte am Dienstag seine Prognose für Deutschland auf minus 0,5 Prozent 2023 abgesenkt. Deutschland ist demnach weiterhin der einzige G7-Staat, dessen Bruttoinlandsprodukt (BIP) sich negativ entwickelt.

AFP