Zu Beginn der sogenannten Energiewende gab es Kritik an ineffizienten Subventionen und steigenden Strompreisen. Nun droht weiteres Ungemach durch langwierige Genehmigungsverfahren. (dpa)
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Deutschland droht aus Sicht der Industrie international den Anschluss zu verlieren, wenn Investitionsvorhaben für mehr Klimaschutz nicht beschleunigt werden. „Es darf nicht sein, dass es mehr Zeit für die Genehmigung eines Schienenprojektes oder einer Industrieanlage braucht, als dann anschließend für den tatsächlichen Bau“, sagte der Chef des Branchenverbands BDI, Siegfried Russwurm. „Wir verfehlen sonst die Geschwindigkeit, die wir am Standort brauchen. Unsere blockierte Republik verliert international den Anschluss.“ Bei den selbstgesetzten Klimazielen gerate Deutschland dann ganz rasch uneinholbar in Verzug, sagte der BDI-Chef. Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, dass Deutschland bis 2045 treibhausgasneutral wird - also nur noch so viele Treibhausgase ausstößt, wie wieder gebunden werden können. Auf dem Weg dorthin sollen die Emissionen bis 2030 um 65 Prozent sinken, bis zum Jahr 2040 soll ein Rückgang um 88 Prozent erreicht sein.

Energiewende scheitert ohne höheres Tempo

Für die Industrie sei das Schlüsseljahr 2030 „schon morgen“, hieß es. „Die Anlagen, die 2030 klimafreundlich produzieren sollen, stehen entweder schon, oder die Unternehmen müssen jetzt zügig über diese Investitionen entscheiden“, sagte Russwurm. „Wenn man in der Geschwindigkeit der vergangenen zehn Jahre weitermacht, scheitert die Energiewende – und sie scheitert nicht, weil die Industrie nicht will.“ Aus Sicht des BDI muss eine neue Bundesregierung nach der Wahl am 26. September schnell konkrete Maßnahmen auf den Weg bringen. Davon sei derzeit noch wenig zu hören, kritisierte Russwurm. „Es gibt grundsätzlich in allen Parteien in der Klimapolitik eine Diskrepanz zwischen Zielen und Maßnahmen.“ Alle redeten über Ziele, obwohl der Dissens hier nicht groß sei. „Aber die Politik spricht viel zu wenig darüber, was konkret passieren muss und in welcher zeitlichen Taktung, um diese Ziele zu erreichen.“

Bei Unklarheit investieren Unternehmen nicht

Unternehmen aber könnten auf Zielen allein keine Investitionsentscheidungen aufbauen. „Solange da in entscheidenden Fragen Unklarheit herrscht, wird kein Unternehmen große Investitionen anschieben“, warnte der BDI-Chef. Unter anderem müsse Klarheit über den deutlichen Ausbau erneuerbarer Energien geschaffen werden. Nötig seien nicht nur Hochspannungstrassen und große Umspannwerke, sondern auch eine Reform des Klagerechts. „Ich argumentiere nicht dagegen, dass man gegen eine solche Entscheidung als in seinen Rechten Betroffener klagen kann“, sagte Russwurm. Aber bei Projekten von nationalem Interesse solle der Rechtsweg schneller gehen: „Da sollte man den Instanzenweg straffen.“

dpa