Der türkische Außenminister bei einer Pressekonferenz am 30. Juni 2020 in Ankara, Türkei.  (AA)
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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die Türkei wegen ihrer Unterstützung für die international anerkannte Regierung Libyens im Konflikt mit dem Warlord Khalifa Haftar scharf angegriffen. Tatsächlich verfolge Frankreich selbst eine „destruktive“ und allein von eigenen Interessen geprägte Agenda im Libyen-Konflikt, hat der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu am Dienstag kritisiert.
Bei einem Besuch am Montag im brandenburgischen Meseberg nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstellte Macron, dass die türkische Hilfe in Libyen eine Bedrohung für Afrika und Europa darstellen würde. „Frankreich unterstützt nicht den General Haftar“, behauptete Macron mit Blick auf den libyschen Warlord. Mit mehreren Offensiven versuchte der Kriegstreiber, den Regierungschef der international anerkannten Regierung in Tripolis, Fayez al-Sarradsch, militärisch zu stürzen.
Am Dienstag wies der türkische Außenminsiter die Unterstellungen Macrons bei einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Ankara kategorisch zurück. „Frankreich unterstützt einen Piraten, einen Putschisten“, widersprach Çavuşoğlu der Aussage des französischen Präsidenten.
Vielmehr sorge Paris, das über Jahrhunderte hinweg weite Teile Afrikas kolonialisierte, für Chaos in der Region. „Frankreich ist allein für seine eigenen Interessen und Ambitionen mit einem destruktiven Ansatz in Libyen gewesen, so wie es in der Vergangenheit Afrika mit einem kolonialistischen Ansatz in die Instabilität getrieben hat und wie es 2011 Libyen bombardiert und verlassen hat“, erklärte Çavuşoğlu.

Frankreich für eine verstärkte russische Präsenz in Libyen
Unter Verweis auf den zunehmenden Austausch Macrons mit Russland, das tausende Söldner und umfangreiche Waffen zur Unterstützung von Khalifa Haftar in das Kriegsland entsandt hat, warnte der türkische Diplomat: „Die NATO sieht Russland als Bedrohung, aber der NATO-Verbündete Frankreich bemüht sich, Moskaus Präsenz in Libyen zu verstärken.“
Ebenso äußerte sich der Außenminister der UN-unterstützen Regierung Libyens bestürzt über die Haltung Macrons. Mohamed Taher Siala erklärte in diesem Zusammenhang: „Wir hofften, von Präsident Macron eine Stellungnahme zu hören, die seine Ablehnung von [Khalifa] Haftars 14-monatiger Aggression gegen Tripolis, die Hauptstadt des Landes, zum Ausdruck bringt.“
Das NATO-Mitglied Türkei gilt als wichtigster Unterstützer der international anerkannten Regierung Libyens. Der Kriegsherr Haftar kann auf die Hilfe aus Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Russland aber auch Frankreich setzen.
Libyen ist seit dem Sturz des verstorbenen Herrschers Muammar Gaddafi im Jahr 2011 vom Bürgerkrieg zerrissen. Die neue Regierung des Landes wurde 2015 im Rahmen eines UN-geführten Abkommens gegründet, doch die Bemühungen um eine langfristige politische Lösung scheiterten an einer Militäroffensive der Streitkräfte Haftars.
Nach der Entdeckung von Massengräbern in Gebieten, die von den sich zurückziehenden Haftar-Milizen zurückgelassen wurden, haben die Vereinten Nationen und internationale Juristen ihre Besorgnis über mögliche Kriegsverbrechen zum Ausdruck gebracht. Sie fordern eine schnellstmögliche Untersuchung der Fälle.

TRT Deutsch und Agenturen