Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat sich bei seiner Rückkehr aus Berlin im Gespräch mit Journalisten erneut für eine humanitäre Waffenruhe im Gaza-Krieg ausgesprochen. (Others)
Folgen

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat sich bei seiner Rückkehr aus Berlin erneut für eine humanitäre Waffenruhe im Gaza-Krieg ausgesprochen. Im Gespräch mit Journalisten kritisierte er zudem die Doppelmoral vieler westlicher Staaten. Diese würden Israel bedingungslos unterstützen, jedoch die Aktionen der Palästinenser nicht als Selbstverteidigung anerkennen, sagte er in der Nacht auf Samstag.

Im Mittelpunkt der Gespräche des türkischen Staatschefs mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz hatten die israelischen Angriffe auf den Gazastreifen, humanitäre Hilfen und mögliche Lösungsschritte gestanden.

„Sie haben die Bevölkerung des Gazastreifens vom Norden in den Süden vertrieben und bombardieren sie von allen Seiten aus der Luft, zu Wasser und zu Lande“, sagte Erdoğan gegenüber den Journalisten. Die vorherrschende Ideologie in der Region habe mit dem Zionisten Theodor Herzl begonnen und dauere bis heute an. Sie bestehe darin, die Palästinenser „aus diesen Gebieten zu entfernen und auszulöschen“.

„Israel ist ein Terrorstaat“, stellte er klar und verwies auf die über 13.000 getöteten Palästinenser, darunter viele Kinder und Frauen. Er prangerte erneut die Vertreibung der Bevölkerung im Gazastreifen und die massiven Angriffe an.

Krebspatienten nach Türkiye evakuiert

Der türkische Präsident machte auch auf die Evakuierung von 27 Krebspatienten aus dem Gazastreifen aufmerksam, die zurzeit in Türkiye behandelt werden. Diese Maßnahme sei Teil der umfassenderen Bemühungen seines Landes, humanitäre Hilfe zu leisten und eine dauerhafte Lösung für die Krise zu finden.

„Wir unternehmen viele Schritte für Gaza, mit dem Schwerpunkt Gesundheitswesen“, sagte Erdoğan. Türkische Krankenhäuser stünden für Evakuierungen zur Verfügung. Er rief dazu auf, Patienten zur Behandlung nach Türkiye zu transportieren und sie anschließend wieder nach Hause zu bringen.

Gleichzeitig betonte der türkische Staatschef, dass diese Evakuierungen bei weitem nicht ausreichend seien: „Es gibt bereits Hunderte von Menschen (im Gazastreifen), die chirurgische Eingriffe benötigen“.

Gaza-Hilfe und nukleare Rüstungskontrolle

Erdoğan unterstrich die Bedeutung eines sofortigen Waffenstillstands für einen dauerhaften Frieden in Gaza. Im Falle eines Abkommens werde Türkiye alles tun, um Israel zur Verantwortung zu ziehen und den Wiederaufbau in dem Küstenstreifen zu unterstützen.

Der Grenzübergang Rafah als Lebensader für Gaza müsse offen gehalten werden, fordert er und verwies auf die Behinderung von Hilfslieferungen durch Israel. Die internationale Gemeinschaft müsse Israel für die angerichteten Schäden zur Rechenschaft ziehen.

Erdoğan forderte auch eine sofortige Inspektion der israelischen Atomwaffen. Seine Regierung initiiere derzeit einen Mechanismus über die Internationale Atomenergiebehörde.

Geiselnahme und Eurofighter-Debatte

Erdoğan ging im Gespräch mit Journalisten auch auf die anhaltenden Geiselnahmen im Gaza-Krieg ein. Dabei betonte er die Bedingungen der Hamas und die unmenschliche Inhaftierung palästinensischer Kinder und Jugendlicher durch Israel. „Die Hamas hat bereits ihre Bedingungen gestellt, darunter die Freilassung von Kindern, Müttern und Vätern, die von israelischer Seite unrechtmäßig festgehalten werden.“ Es sei erschütternd, dass die israelische Regierung „einen Punkt erreicht hat, an dem sie Kinder im Alter von fünf Jahren festhält.“

Israels Vorgehen im Gazastreifen sei ein wahlloses Töten – „auch von eigenen Bürgern“, so Erdoğan. Israelische Familien hätten die Hoffnung in ihre eigene Regierung bereits verloren.

Auf die Frage nach deutschen Eurofightern sagte Erdoğan, dass Scholz keine klare Position dazu bezogen habe. Türkiye ziehe jedoch mehrere Alternativen in Betracht und habe bereits in der Vergangenheit, als die USA keine Luftverteidigungssysteme lieferten, auf Russland zurückgegriffen.

Zur Sprache kamen auch die deutsch-türkischen Beziehungen und die Hoffnung auf eine Verbesserung der Beziehungen zu Griechenland. Erdoğan äußerte diesbezüglich den Wunsch nach einem Abbau der Feindseligkeiten und nach einem verstärkten Dialog zwischen den Ländern.

TRT Deutsch