Bundeskanzlerin Merkel sprach sich bei ihrem Besuch im Hochwassergebiet für noch stärkere Investitionen in Klimaprojekte aus. (dpa)
Folgen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat angesichts der Hochwasserkatastrophe in Deutschland verstärkte Anstrengungen gegen Klimaveränderungen angekündigt. „Wir müssen schneller werden im Kampf gegen den Klimawandel“, sagte Merkel am Sonntag bei einem Besuch in Adenau im schwer getroffenen Ahrtal in Rheinland-Pfalz. Sie kündigte Hilfen des Bundes für die Betroffenen an. Die Zahl der Toten in Deutschland erhöhte sich auf 159.

Passau bereitet sich auf Hochwasser vor Die Kanzlerin sagte: „Deutschland ist ein starkes Land“, das sich dieser Naturgewalt kurzfristig entgegenstemmen werde. Mittel- und langfristig müsse die Politik Klima und Natur „mehr in Betracht ziehen, als wir das in den letzten Jahren“ getan haben. Zu investieren sei teuer, sagte sie. „Aber was nicht getaner Klimaschutz anrichten kann, ist noch teurer. Wir müssen uns anstrengen, sehr anstrengen.“ Seit der Nacht zum Sonntag gilt auch im bayerischen Landkreis Berchtesgadener Land der Katastrophenfall. Dort kam es zu Überschwemmungen und Hangrutschen, zahlreiche Häuser wurden geräumt. Hier war das Schlimmste noch nicht überstanden: Noch regnet es am Alpenrand weiter, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) am Nachmittag warnte. So bereitet sich beispielsweise Passau auf Überschwemmungen vor.

„Weckruf der Natur“

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte bei einem Besuch im Berchtesgadener Land Hilfe an. In den letzten Tagen habe Deutschland einen „unglaublichen Weckruf der Natur“ erlebt, sagte er in Schönau am Königssee. „Das Klima verändert sich und das hat Folgen. Starkwetterereignisse nehmen zu.“ Er kündigte für die kommende Woche eine Regierungserklärung zum Thema Klimaschutz an. Unwetter und Überschwemmungen gab es Samstagabend auch in der Sächsischen Schweiz. Am Sonntagnachmittag warnte der DWD dort aber nicht mehr vor Unwettern. Auch in Teilen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen stabilisierte sich die Lage langsam, vielerorts ging das Wasser leicht zurück, Aufräumarbeiten konnten beginnen. Polizei, Feuerwehr und Bundeswehr gingen die Region inzwischen systematisch ab und suchten nach Vermissten, wie die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte. In Rheinland-Pfalz würden 112 Todesopfer beklagt, viele Menschen würden noch vermisst, sagte Dreyer. Nordrhein-Westfalen verzeichnete 46 Tote. Zudem kam mindestens ein Mensch bei Überschwemmungen in Bayern ums Leben.

Mehr als 300 Millionen Euro Hilfe für die Opfer

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) kündigte eine Soforthilfe von mehr als 300 Millionen Euro für die Opfer der Flutkatastrophe an. Jetzt müsse sofort geholfen werden, das sei eine nationale Aufgabe, sagte Scholz an der Seite Söders in Schönau am Königssee. Beim Wiederaufbau gehe es um Milliarden. Das könne kein Gemeinde, kein Land allein stemmen. Scholz mahnte, die Wirtschaft müsse so angepackt werden, dass sie klimaneutral gelingen könne - hier und in der ganzen Welt. „Wir stehen an Ihrer Seite“, versicherte auch Merkel den Opfern bei ihrem Besuch in der Eifel. Am Mittwoch werde das Kabinett in Berlin ein Programm für schnelle Hilfe verabschieden, kündigte sie an. Die Kanzlerin besichtigte zusammen mit Dreyer das stark zerstörte Dorf Schuld. Danach zeigte sie sich erschüttert: Die deutsche Sprache kenne „kaum Worte“ für diese Verwüstung, sagte sie und nannte das Ausmaß der Katastrophe „surreal“ und „gespenstisch“. Die Kanzlerin zeigte sich sicher, dass die bundesweite Solidarität mit den betroffenen Regionen anhalten werde. Privatleute könnten momentan am besten mit Geldspenden helfen, sagte sie. Auch im August und September werde noch Hilfe gebraucht, fügte sie hinzu. Sie kündigte an, Ende August erneut in die Region zu reisen.

AFP