Illustration. 11.08.2021, Nordrhein-Westfalen, Bad Oeynhausen: Ein älterer Mann sitzt an einem Tisch und zählt Geld. / Photo: DPA (dpa)
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Das Bürgergeld soll im kommenden Jahr spürbar um rund zwölf Prozent steigen. Erwachsene Bezieher sollen vom 1. Januar an monatlich 563 Euro bekommen - also 61 Euro mehr als derzeit. Dies kündigte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Dienstag in Berlin an. Er sprach von einer „deutlichen Erhöhung“ in einem von Inflation und Krisen geprägten Umfeld. Sozialverbände kritisierten die geplante Erhöhung allerdings als nicht ausreichend.

Aktuell beziehen mehr als fünf Millionen Menschen in Deutschland Bürgergeld. Für Jugendliche von 14 bis 17 Jahren soll der Regelsatz zum Jahreswechsel von 420 Euro auf 471 Euro steigen. Für Kinder im Alter zwischen dem siebten und 14. Lebensjahr steigt der Satz um 42 Euro auf 390 Euro, für jüngere Kinder um 39 Euro auf 357 Euro.

Bürgergeld lediglich eine „existenzsichernde Leistung“

Die Erhöhung werde den Bundeshaushalt im kommenden Jahr mit zusätzlich 4,3 Milliarden belasten, sagte Heil. Das Bürgergeld hatte zu Beginn des Jahres die bisherigen Hartz-IV-Zahlungen abgelöst. Der Minister hob hervor, dass mit der Reform ein neuer Berechnungsmechanismus gelte, der eine schnellere Anpassung der Regelsätze an die Inflation ermöglicht.

„Mir ist wichtig, dass gerade in Zeiten großer gesellschaftlicher Verunsicherung Deutschland ein solidarisches Land bleibt“, sagte der Minister. „Gerade in der Krise muss man sich auf den Sozialstaat verlassen können.“ Dabei gelte weiter, dass das Bürgergeld lediglich eine „existenzsichernde Leistung“ sei, sagte Heil. Wer arbeitet, müsse „mehr verdienen.“

Sozialverbände kritisieren Regelsätze als realitätsfern

Die Sozialverbände begrüßten das Steigen der Bürgergeld-Sätze, kritisierten allerdings auch die angehobenen Sätze als ungenügend. „Diese Regelsätze sind und bleiben Armutssätze und gehen an der Lebensrealität der Menschen vorbei“, erklärte Ulrich Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Nach Berechnungen des Verbands müsste der Regelsatz für Erwachsene mindestens 813 Euro betragen, um wirksam vor Armut zu schützen.

Der Sozialverband VdK bemängelte, die Erhöhung komme angesichts der anhaltenden Inflation zu spät. VdK-Präsidentin Verena Bentele verwies auf die besonders gestiegenen Preise für Strom und Grundnahrungsmittel hin. Diese „fressen das Geld von Menschen in der Grundsicherung und im Bürgergeld derzeit komplett auf und haben diese Menschen teils in existenzielle Not gebracht“.

Positive Reaktionen aus Gewerkschaftskreisen

Der Deutsche Gewerkschaftsbund sprach von einer „guten Nachricht für viele Millionen Menschen mit geringen Einkommen oder ohne Arbeit“. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel forderte die Bundesregierung dabei zu einer besseren Finanzierung für Maßnahmen zur Rückkehr in Arbeit auf: „Die Jobcenter brauchen ausreichend Geld für die neuen Förderinstrumente des Bürgergeldes, um mehr Menschen gute Perspektiven auf Arbeit zu ermöglichen.“

Die Regelsätze für das Bürgergeld werden jedes Jahr zum 1. Januar angepasst. Die Formel zur Berechnung der Anpassung ist gesetzlich festgelegt. Zu zwei Dritteln wird die Preisentwicklung für so genannte regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen eingerechnet. Zu einem Drittel wird die Entwicklung der Nettolöhne und Nettogehälter dabei berücksichtigt. Das Bürgergeld hat den Anspruch, das menschenwürdige Existenzminimum abzudecken.

AFP