23.04.2023, Berlin: Franziska Giffey (l, SPD), Regierende Bürgermeisterin, und Raed Saleh (r, SPD), Fraktionsvorsitzender, und weitere Vorstandsmitglieder kommen zu einer Pressekonferenz. / Photo: DPA (dpa)
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Zweieinhalb Monate nach der Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus haben die SPD-Mitglieder in der Hauptstadt den mit der CDU ausgehandelten Koalitionsvertrag mit knapper Mehrheit gebilligt. 54,3 Prozent stimmten in einem Mitgliedervotum für den Vertrag, wie die SPD am Sonntag nach Auszählung der Stimmen bekannt gab. Mehr als 18.000 Mitglieder hatten rund zweieinhalb Wochen über den Vertrag abstimmen können.

Von ihnen beteiligten sich 11.886 an der Abstimmung. Davon waren 11.379 Stimmen gültig und 507 ungültig. Die scheidende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey zeigte sich "sehr, sehr froh" über das Resultat. „Wir haben ein klares Ergebnis, eine klare Mehrheit“, sagte sie vor Journalisten. Ähnlich äußerte sich Raed Saleh, der die Berliner SPD zusammen mit Giffey führt. „Das klare Ergebnis ist gut“, sagte er.

Das notwendige Quorum für den Entscheid lag bei 20 Prozent der SPD-Mitglieder. Gegen das Bündnis mit der CDU hatten mehrere Kreisverbände, die SPD-Jugendorganisation Jusos und Gewerkschaften mobil gemacht. „Ich bin schon sehr erleichtert“, sagte Giffey deshalb am Sonntag. Saleh hatte jedoch bereits zuvor erklärt, dass die Partei auch bei knapper Zustimmung das Bündnis mit der CDU eingehen werde.

Es sei eine schwierige Entscheidung gewesen, sagte Saleh nun. Das Bündnis mit der CDU sei „keine Liebesheirat“, zudem gebe die SPD das Rote Rathaus ab. Der Koalitionsvertrag trage jedoch „eine komplett sozialdemokratische Handschrift“, betonte er. Giffey sprach von „einer Richtungsentscheidung“. Das Ziel sei es, dass die SPD aus der Regierungsverantwortung heraus wieder stärker werde.

Das Votum der SPD-Mitglieder stehe „für Vernunft und Verantwortung“, erklärte der CDU-Vorsitzende und designierte Regierende Bürgermeister Kai Wegner. „Es ist Zeit, dass wir schnell anpacken - die Probleme dieser Stadt warten nicht.“ Kritik kam hingegen von den bisherigen Koalitionspartnern der Sozialdemokraten, den Grünen und der Linkspartei.

Kritik von bisherigen Koalitionspartnern

Die SPD habe sich mit der Zustimmung zum Koalitionsvertrag „für den Rückschritt entschieden“, kommentierten die Grünen-Vorsitzenden Susanne Mertens und Philmon Ghirmai das Resultat. „Den Erfolgen der letzten Jahre – etwa in der Sozial-, Gesellschafts-, Klima- oder Mobilitätspolitik – droht nun die Rückabwicklung.“

Ähnlich bewertete die Linken-Spitze das Ergebnis: „Heute ist kein guter Tag für unsere Stadt“, erklärten die Vorsitzende Katina Schubert und die Fraktionsvorsitzenden Anne Helm und Carsten Schatz. Berlin habe „Besseres als eine schwarz-rote Ankündigungskoalition verdient, die keine wirklichen Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit hat“.

Für die Berliner FDP ist die knappe Entscheidung „ein verheerendes Zeichen“. Dieses zeige, wie tief gespalten die SPD sei, erklärten die Liberalen. Die AfD-Landesvorsitzende Kristin Brinker erklärte, die knappe Mehrheit sei „kein gutes Zeichen“. Die Gefahr sei groß, dass die SPD zur Opposition in der Regierung werde, um die Gegner der Koalition innerhalb der Partei bei der Stange zu halten.

Die CDU entscheidet nun am Montag auf einem Parteitag über den Koalitionsvertrag. Nach der erwarteten Zustimmung wollen die Spitzen der neuen Koalition am Mittwoch den Vertrag unterzeichnen. Am Tag darauf soll Wegner zum neuen Regierenden Bürgermeister gewählt werden und Giffey nach nur anderthalb Jahren in dem Amt ablösen.

Die Christdemokraten gewannen die Wahl vom 12. Februar mit 28,2 Prozent deutlich. Die SPD landete mit 18,4 Prozent auf dem zweiten Platz - mit einem Vorsprung von nur 53 Stimmen vor den Grünen. Die CDU sondierte anschließend mit beiden Parteien und entschied sich dann für Koalitionsverhandlungen mit der SPD. Bislang regierte in der Hauptstadt eine Koalition aus SPD, Grünen und Linkspartei.

AFP