Berufungsverfahren von Sarrazin gegen Ausschluss aus der SPD (dpa)
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Im Ausschlussverfahren gegen den früheren Berliner Finanzsenator und umstrittenen Bestseller-Autor Thilo Sarrazin hat die SPD einen erneuten Erfolg errungen. Nach Angaben der Anwälte Sarrazins entschied die Berliner Landesschiedskommission in einem Berufungsverfahren, dass die Partei Sarrazin ausschließen darf. Sarrazin werde nun Berufung bei der SPD-Bundesschiedskommission einlegen. Zuvor hatten mehrere Medien, darunter die „Nürnberger Zeitung“ und die „Welt“, berichtet, dass Sarrazin aus der Partei ausgeschlossen werde. Sarrazin selbst hatte angekündigt, notfalls alle Instanzen bis hin zum Bundesverfassungsgericht zu bemühen, um seinen Rauswurf zu verhindern. Das kann Jahre dauern. Bis dahin bleibt er SPD-Mitglied. Nun warf Sarrazin SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil vor, er habe in einer mündlichen Berufungsverhandlung Mitte Januar keine Zitate vorlegen können, „um den gegen mich erhobenen Vorwurf des Rassismus zu belegen“. Sarrazin: „Es ging ganz offenbar nicht darum, Wahrheit zu ermitteln, sondern Gesinnung zu bestrafen.“ Die SPD-Spitze hatte 2009/10 und 2011 schon zweimal vergeblich den Ausschluss Sarrazins betrieben. Für die SPD ging es um die Frage, ob Sarrazin mit seinen Thesen zur Einwanderung und zum Islam parteischädigend ist. Er ist vor allem wegen migrationskritischer Äußerungen in seinen Büchern umstritten. Sein letztes Buch „Feindliche Übernahme. Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“ schrieb er über den Islam. In erster Instanz hatte die Schiedskommission des SPD-Kreisverbandes Charlottenburg-Wilmersdorf, in dem Sarrazin Mitglied ist, im Juli 2019 den Parteiausschluss beschlossen. Damals hieß es zur Begründung, seine Thesen seien rassistisch und hätten der Partei schweren Schaden zugefügt. Sarrazin wies das zurück und legte Berufung ein. Der 74-Jährige argumentierte Anfang Januar, er habe „wissenschaftliche Sachbücher geschrieben“. Niemand aus der SPD-Führung habe belegen können, was daran sachlich falsch sei. „Ich lasse mir meinen Ruf als Sachbuchautor nicht kaputtmachen.“ Sarrazins Bücher erreichten Millionenauflagen. Gleichzeitig wurde er heftig kritisiert, weil er schon 2009 mit Blick auf muslimische Zuwanderer von Menschen sprach, „die ständig neue Kopftuchmädchen produzieren“. 2018 schrieb er, die „religiös gefärbte kulturelle Andersartigkeit der Mehrheit der Muslime“ und deren steigende Geburtenzahlen gefährdeten die offene Gesellschaft, Demokratie und den Wohlstand hierzulande. Integration sei kaum möglich. Das SPD-Kreisgericht hatte das als „klar rassistisch“ gewertet.

dpa