Archivbild. 03.11.2020, Jemen, Sanaa: Ein unterernährtes Mädchen wird in einem Ernährungszentrum des Al-Sabeen-Krankenhauses behandelt. Millionen Kleinkinder müssen in diesem Jahr im Bürgerkriegsland Jemen nach UN-Angaben hungern. (dpa)
Folgen

Hunderttausenden Kindern im Jemen droht nach Angaben der UNO der Hungertod. Die Hälfte der unter Fünfjährigen und damit rund 2,3 Millionen Kinder in dem verarmten Krisenstaat seien von schwerer Unterernährung bedroht, teilten mehrere UN-Organisationen am Freitag mit. 400.000 von ihnen drohen demnach zu sterben, falls sie keine Nothilfe erhalten. Dies sei ein Anstieg von 22 Prozent gegenüber dem vergangenen Jahr.

Den Angaben zufolge verschärft sich die Hungersnot in diesem Jahr weiter. Das stark verarmte Bürgerkriegsland könnte neue Höchstwerte bei der akuten Unterernährung erreichen, erklärten die UN-Organisationen. Mangelernährung schädige die körperliche und kognitive Entwicklung irreversibel, besonders in den ersten beiden Lebensjahren. Betroffene seien zudem anfälliger für Krankheiten. Bereits 1,2 Millionen schwangere und stillende Jemenitinnen seien unterernährt. Die Corona-Pandemie habe das Problem verschlimmert.

„Diese Zahlen sind ein weiterer Hilferuf aus dem Jemen“, erklärte der Leiter des UN-Welternährungsprogramms (WFP), David Beasley. Die Krise im Jemen sei ein „toxischer Mix“ aus einem gewaltsamen Konflikt, einem wirtschaftlichen Kollaps sowie einem akuten Mangel an Geld, „um die lebensrettende Hilfe bereitzustellen, die so dringend benötigt wird“.

Auch die Generaldirektorin des UN-Kinderhilfswerks Unicef, Henrietta Fore, forderte verlässliche finanzielle Ressourcen für die Hilfeorganisationen und einen ungehinderten Zugang zur notleidenden Bevölkerung im Jemen. „An jedem Tag, an dem nicht gehandelt wird, werden weitere Kinder sterben“, warnte sie.

Humanitäre Krise im Jemen nach wie vor die größte weltweit

Die humanitäre Krise im Jemen sei nach wie vor die größte weltweit, sagte Luca Russo von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen. „Die öffentliche Aufmerksamkeit lässt nach und das ist sehr riskant.“ Weiteres Leid könne nur verhindert werden, wenn die Kämpfe im Jemen eingestellt würden.

Im Jemen herrscht seit sechs Jahren Krieg zwischen den von Saudi-Arabien und anderen arabischen Staaten unterstützten Truppen von Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi und den schiitischen Huthi-Rebellen. Zehntausende Menschen wurden in dem Konflikt bereits getötet, Millionen Einwohner mussten flüchten. Fast 80 Prozent der Einwohner benötigen nach Angaben internationaler Organisationen dringend humanitäre Hilfe.

Die Intensität der Kämpfe im Jemen nahm zuletzt wieder zu. Die Huthis führen derzeit eine Offensive auf die Stadt Marib, die letzte Hochburg von Jemens international anerkannter Regierung im Norden des Landes. Bei Gefechten zwischen den Huthi-Rebellen und den Regierungstruppen seien binnen 24 Stunden dutzende Kämpfer getötet und verwundet, verlautete am Freitag aus Regierungskreisen. Die Armee griff demnach unter anderem einen Konvoi der Rebellen aus der Luft an.

AFP