24.06.2022, USA, Washington: Ein Blick auf das Gebäude des Obersten Gerichtshofs der USA. (dpa)
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Der Oberste Gerichtshof der USA hat mit einer wegweisenden Entscheidung das seit 1973 geltende Abtreibungsrecht des Landes gekippt. Dieses war davon ausgegangen, dass es ein verfassungsmäßiges Recht dazu gäbe, und Bundesstaaten dieses nicht einschränken dürften. Der Supreme Court in Washington machte nun mit seiner Entscheidung vom Freitag den Weg für strengere Abtreibungsgesetze frei - bis hin zu kompletten Verboten in einzelnen US-Staaten. Damit ist das zuvor reklamierte landesweite „Recht auf Abtreibung“ in den Vereinigten Staaten nach fast einem halben Jahrhundert Geschichte.
„Die Verfassung gewährt kein Recht auf Abtreibung“, heißt es in der Urteilsbegründung. Die Entscheidung ist keine Überraschung: Anfang Mai hatte das Magazin „Politico“ einen Entwurf dazu veröffentlicht. Daraus ging bereits hervor, dass das Gericht so entscheiden will. Daraufhin gab es einen Aufschrei von feministischen Organisationen, auf Abtreibung spezialisierten Kliniken und Liberalen. In etwa der Hälfte der Bundesstaaten dürfte es nun zu weitgehenden Einschränkungen kommen.

Entscheidung mit 6 zu 3 Stimmen setzt Roe v. Wade ein Ende
Es gibt in den USA kein landesweites Gesetz, das Schwangerschaftsabbrüche erlaubt oder verbietet. Abtreibungen waren aber mindestens bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt - heute etwa bis zur 24. Woche. Dies stellte bisher das Urteil des Obersten US-Gerichts von 1973 sicher, das als Roe v. Wade bekannt ist. Ein weiteres Urteil von 1992, Planned Parenthood v. Casey, bestärkte die Rechtsprechung und passte sie etwas an. Der Supreme Court hat diese Entscheidungen nun gekippt.
Das Abtreibungsrecht ist in den USA immer wieder Thema heftiger Auseinandersetzungen. Gegner versuchen die liberalen Regeln seit Jahrzehnten zu kippen. Unter dem vorigen Präsidenten Donald Trump rückte der Supreme Court deutlich nach rechts. Der Republikaner ernannte während seiner Amtszeit die Richter Neil Gorsuch, Brett Kavanaugh und Amy Coney Barrett. Die Richterinnen Sonia Sotomayor und Elena Kagan sowie Richter Stephen Breyer stimmten gegen die Entscheidung. Sie gelten als liberal. Für ein Ende von Roe v. Wade stimmten neben den von Donald Trump durchgesetzten Richtern auch Clarence Thomas und der zuletzt als Zünglein an der Waage geltende John Roberts.

dpa