Symbolbild: 12. Oktober 2021, Pjöngjang, Nordkorea: Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un spricht bei der „Defense Development Exhibition“. (Reuters)
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Nordkorea soll nach Angaben eines Überläufers mit dem Pseudonym Kim Kug Song jahrelang mit staatlich organisiertem Drogenhandel Devisen für die Herrscherfamilie Kim beschafft haben. Er sei in den 1990er-Jahren mit der Aufgabe betraut worden, „revolutionäre Gelder“ für den damaligen Machthaber Kim Jong Il zu besorgen, sagte der Mann gegenüber „BBC“. Es gehe dabei um Drogengelder.
Der Mann, der erstmals unter dem Pseudonym Kim Kug Song in der Öffentlichkeit auftrat, soll jahrelang für den nordkoreanischen Geheimdienst gearbeitet haben und nun für den südkoreanischen Geheimdienst tätig sein. Es ist das erste Mal, dass ein so hochrangiger Offizier aus der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang einem großen Sender ein Interview gegeben hat.
Die nordkoreanische Führung soll verzweifelt versucht haben, mit allen Mitteln Geld zu verdienen – vom Drogenhandel bis hin zu Waffenverkäufen in den Nahen Osten und nach Afrika. „Nachdem ich mit der Aufgabe betraut worden war, habe ich drei Ausländer aus dem Ausland nach Nordkorea geholt, im Ausbildungszentrum des Verbindungsbüros 715 der Arbeiterpartei eine Produktionsbasis aufgebaut und Drogen hergestellt“, sagt der Mann. Dabei habe es sich um Methamphetamine, auch bekannt als Crystal Meth, gehandelt.

„Terror-Taskforce“ gebildet
Der Überläufer berichtet weiter, er habe auch Attentäter entsendet, um Kritiker auszuschalten. Der Offizier sagt, dass im Mai 2009 befohlen worden sei, eine „Terror-Taskforce“ zu bilden, um einen ehemaligen nordkoreanischen Beamten zu töten, der in den Süden übergelaufen war. Zu dieser Zeit sei der jetzige Machthaber Kim Jong-un auf die Nachfolge seines Vaters Kim Jong-il vorbereitet worden, der einen Schlaganfall erlitten hatte. „Für Kim Jong-un war dies ein Akt, um seinen Vater zufrieden zu stellen“, so der Informant.

„Es wurde eine Terrortruppe gebildet, um Hwang Jang-yop im Geheimen zu ermorden. Ich persönlich habe die Arbeit geleitet und ausgeführt“, so der Mann weiter. Jang-yop ist bis heute der ranghöchste Nordkoreaner, der nach Südkorea geflohen war. Er galt als Chefideologe Nordkoreas.
Doch das Attentat ging schief. Zwei nordkoreanische Militärangehörige verbüßen in Südkoreas Hauptstadt Seoul noch immer eine zehnjährige Freiheitsstrafe für den Tötungsversuch. Pjöngjang hat stets bestritten, an dem Attentat beteiligt gewesen zu sein, und behauptet, Südkorea habe den Vorfall inszeniert. Jang-yop verstarb 2010 im Alter von 87 Jahren in Seoul.
Übereinstimmende Berichte
Die Aussagen des Überläufers über staatlich betriebene Drogenlabore in Nordkorea können nicht unabhängig überprüft werden, doch sie decken sich mit den Angaben anderer nordkoreanischer Überläufer.
Auch Thae Yong Ho, der einst in der nordkoreanischen Botschaft in London gedient hatte, sprach 2019 auf der Menschenrechtskonferenz „Oslo Freedom Forum“ von staatlich gefördertem Drogenhandel Nordkoreas.
Wirtschaftliche Misere
Anlässlich des 76. Jahrestags der Gründung der Arbeiterpartei Koreas hatte Kim Jong Un erst am Montag seine Staatsbeamten dazu aufgefordert, sich angesichts einer „düsteren Lage“ darauf zu konzentrieren, „die Lebensumstände der Bevölkerung“ zu verbessern.
Nordkoreas ohnehin durch Sanktionen angeschlagene Wirtschaft befindet sich seit der Corona-Pandemie in einem zunehmend desolaten Zustand. Das Land ist nach wie vor praktisch vollständig von der Außenwelt isoliert. Am Wochenende sollen zwei rumänische Botschaftsmitarbeiter Nordkorea verlassen haben, wie das Fachmedium NK News unter Berufung auf informierte Quellen berichtet. Damit sei die letzten diplomatische Vertretung eines Landes der Europäischen Union in Nordkorea geschlossen worden.
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TRT Deutsch