Eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union fordert einen Waffenstillstand im Gazastreifen. Trotzdem hielten sowohl der irische Ministerpräsident Leo Varadkar als auch die lettische Regierungschefin Evika Silina es am Freitag für unwahrscheinlich, dass sich der EU-Gipfel in Brüssel auf die Forderung nach einem Ende der israelischen Angriffe einigen kann. Grund ist auch der Widerstand der Bundesregierung gegen den Aufruf zu einem sofortigen und generellen Waffenstillstand.
Es gebe eine klare Mehrheit der EU-Staaten, die einen Waffenstillstand wollten, sagte der irische Ministerpräsident. „Das ist die Sichtweise der Bürger in Europa." Nur ein oder zwei der 27 EU-Staaten wollten dies nicht. Man könne die Hamas auch verfolgen ohne so massiv vorzugehen wie Israel dies tue, sagte er mit Blick auf das brutale Vorgehen der israelischen Armee gegen palästinensische Zivilisten.
Varadkar kritisierte zudem, dass jüdische Siedler im besetzten Westjordanland „hunderte Palästinenser“ getötet hätten, obwohl es dabei nicht um Hamas-kontrollierte Gegenden handele. Auch der belgische Ministerpräsident Alexander de Croo forderte Israels zur Zurückhaltung auf.
Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs diskutieren am zweiten Gipfeltag über den Nahost-Konflikt. Bei der Abstimmung in der UN-Vollversammlung hatte aus der EU nur Österreich und Tschechien zusammen mit den USA und Israel gegen eine Resolution gestimmt, die einen Waffenstillstand forderte. Deutschland, Italien, Rumänien, Ungarn, die Niederlande, die Slowakei und Bulgarien enthielten sich. Frankreich und die anderen EU-Staaten stimmten dagegen für die Resolution.
Vernichtungskrieg im Gazastreifen dauert an
Israel nahm den Vergeltungsschlag der palästinensischen Organisation Hamas am 7. Oktober als Vorwand, um einen Vernichtungskrieg im Gazastreifen zu starten. Erklärtes Ziel der israelischen Angriffe ist die Zerschlagung der Hamas, doch es wurden bisher Zehntausende Zivilisten getötet.
Nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörde in Gaza wurden dort bisher mehr als 18.600 Menschen durch Angriffe Israels getötet. Die Zahl könnte weit höher sein, da noch viele Tote unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können.
