07.01.2023, USA, Washington: Kevin McCarthy, neuer Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses, geht nach einem umstrittenen Kampf um die Mehrheit im 118. Kongress in sein Büro im Kapitol. Nach einem unerbittlichen parteiinternen Machtkampf ist der Republikaner Kevin McCarthy der neue Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses. / Photo: DPA (dpa)
Folgen

Nach einer historischen viertägigen Hängepartie und einer bis zuletzt hart geführten innerparteilichen Auseinandersetzung ist der republikanische Kandidat Kevin McCarthy im 15. Anlauf zum neuen Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses gewählt worden. Er werde „Gesetze verabschieden, um die Herausforderungen des Landes zu bewältigen“, sagte McCarthy bei seiner Dankesrede am Samstag. US-Präsident Joe Biden mahnte im Anschluss an die Abstimmung, es sei nun an der Zeit, „verantwortungsvoll zu regieren“. McCarthy nannte die „weit geöffnete Grenze im Süden“, die von ihm mit „Amerika zuletzt“ bezeichnete Energiepolitik der Regierung sowie die „Woke-Indoktrinierung an unseren Schulen“ als primäre Herausforderungen. Der Begriff „woke“ beschreibt das „wach sein“ gegenüber rassistischen und diskriminierenden Tendenzen in einer Gesellschaft. Bei den „langfristigen Herausforderungen“ wie der Staatsverschuldung und „dem Aufstieg der Kommunistischen Partei Chinas“ müsse der Kongress „mit einer Stimme“ sprechen, forderte der 57-jährige Politiker aus dem US-Bundesstaat Kalifornien. Das Amt des Speakers ist nach dem Präsidenten und der Vizepräsidentin das dritthöchste in der staatlichen Hierarchie der Vereinigten Staaten. McCarthy folgt auf dem Posten auf die Demokratin Nancy Pelosi. Republikaner gewannen knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus Bei den Zwischenwahlen im November, den sogenannten Midterms, hatten die Republikaner eine knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus gewonnen. In den ersten elf Wahlrunden zum Vorsitzenden des Repräsentantenhauses hatten stets 20 ultrarechte Abgeordnete der Republikaner gegen McCarthy gestimmt, die diesen für zu moderat halten und seine Loyalität zu Ex-Präsident Donald Trump in Zweifel ziehen. McCarthy hatte am Freitag nach umfangreichen Zugeständnissen an die Abtrünnigen zwar Fortschritte erzielt, verpasste in der 12., 13. und 14. Wahlrunde jedoch erneut die Mehrheit. In der 14. Wahlrunde fehlte ihm nur eine Stimme zur Wahl. Der republikanische Abgeordnete Matt Gaetz aus Florida hatte bei der Abstimmung kurz vor Mitternacht mit „anwesend“ gestimmt und McCarthy somit den Sieg verweigert. Im Anschluss kam es zu turbulenten Szenen im Plenarsaal: McCarthy ging zu Gaetz und konfrontierte ihn. Während des Wortgefechts zeigte Gaetz mit dem Finger auf McCarthy, der sich schließlich zum Gehen abwandte. Der Abgeordnete Mike Rogers aus Alabama musste zurückgehalten werden, als er sich auf seinen republikanischen Kollegen aus Florida zu stürzen drohten. Mit der schließlich doch erfolgten Wahl McCarthys kann die parlamentarische Arbeit in der neu konstituierten Kongresskammer nun beginnen. Republikaner könnten Biden das Regieren erschweren Es wird erwartet, dass die Republikaner Biden das Regieren erheblich erschweren, denn sie können alle Reformvorhaben blockieren. Zudem können sie auch zahlreiche parlamentarische Untersuchungen gegen Biden und dessen Regierung einleiten. Biden erklärte nach McCarthys Wahl, er sei „bereit, mit Republikanern zusammenzuarbeiten, wenn ich es kann“. Die Wähler hätten jedoch „klargestellt“, dass sie „von den Republikanern erwarten, dass sie genauso bereit sein müssen, mit mir zusammenzuarbeiten“, betonte der US-Präsident. Es sei an der Zeit, „sicherzustellen, dass wir die Interessen amerikanischer Familien vorne anstellen“, fügte er hinzu. Trotz McCarthys Sieg ist der Wahlmarathon der vergangenen vier Tage eine Blamage historischen Ausmaßes für die Republikaner. Das letzte Mal, dass ein Wahlverfahren länger dauerte als das aktuelle, reicht in die Zeit vor dem Amerikanischen Bürgerkrieg zurück: 1856 einigten sich die Abgeordneten erst nach zwei Monaten und 133 Abstimmungen.

AFP