Ein Mann schwenkt die libysche Nationalflagge, während Menschen am 4. Juni 2020 in der Hauptstadt Tripolis feiern, nachdem die von der UNO anerkannte Regierung wieder die volle Kontrolle über die Hauptstadt und ihre Vororte zurückgewonnen hat.  (AFP)
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Nach mehreren militärischen Niederlagen hat sich der libysche Warlord Khalifa Haftar zu einem Waffenstillstand bereit erklärt. Der ägyptische Machthaber Abdel Fattah al-Sisi verkündete am Samstag in Kairo, Haftar willige in einen einseitigen Waffenstillstand ab Montag ein. Die von der UNO anerkannte libysche Einheitsregierung lehnte das Angebot jedoch ab. Der Vormarsch der Regierungstruppen auf die strategisch wichtige Stadt Sirte verlangsamte sich unterdessen.

Al-Sisi forderte für seine „Kairo-Erklärung“ internationale Unterstützung. Tripolis wies den Vorschlag aus Kairo jedoch zurück. Zumal Ägypten selbst als parteiisch im Konflikt gilt und den Warlord Haftar seit Jahren hofiert, der die internationale Regierung des Landes militärisch stürzen will. Ein Sprecher der Einheitsregierung von Ministerpräsident Fayez al-Sarradsch erklärte: „Wir haben diesen Krieg nicht angefangen, aber wir entscheiden, wann und wo er endet.“

Die Truppen der Einheitsregierung rückten derweil auf die Stadt Sirte vor. Der Sprecher rief die lokalen Anführer auf, sich vom Kriegsherrn Haftar abzuwenden und der Küstenstadt „die Schrecken des Krieges“ zu ersparen.

Haftar muss von Sirte abziehen

Der libysche Innenminister Fatih Baschagha gab an, die Regierung werde erst dann politische Gespräche aufnehmen, wenn sie Sirte und auch den Luftwaffenstützpunkt al-Jufra, das im Landesinneren liegt, befreit hat.

Die Stadt Sirte hat als Zentrum der libyschen Öl-Wirtschaft und Brücke in den von Hafter kontrollierten Osten des Landes strategische Bedeutung. Der Vormarsch am Boden habe sich am Wochenende am Stadtrand von Sirte jedoch verlangsamt, hieß es aus Kreisen der Einheitsregierung. Ein Sprecher teilte am Samstag mit, die Luftwaffe habe „fünf Angriffe auf den Stadtrand von Sirte“ geflogen. Die Soldaten hätten Befehle erhalten, „vorzurücken und alle Rebellenstellungen anzugreifen“.

Die USA kritisierten Russland im vergangenen Monat dafür, mindestens 14 Kampfflugzeuge auf dem Luftwaffenstützpunkt al-Jufra stationiert zu haben, um Söldner zu unterstützen, die für Haftar kämpfen. Auch Russland unterstützt die Waffenstillstandsforderung von Ägyptens Machthaber al-Sisi.

Haftar aus Westlibyen zurückgedrängt

Die Einheitsregierung konnte nach einer 14-monatigen Offensive Haftars gegen die Hauptstadt Tripolis zuletzt wichtige Positionen zurückerobern. In der vergangenen Woche meldete sie kurz nacheinander die Rückeroberung des internationalen Flughafens sowie der strategisch wichtigen Stadt Tarhuna 80 Kilometer weiter südlich sowie Bani Walid, welches ebenfalls im Süden liegt.

Seit Beginn der Offensive Haftars vor mehr als einem Jahr wurden hunderte Menschen getötet und rund 200.000 Menschen in die Flucht getrieben.

Die Nationale Libysche Ölgesellschaft erklärte am Sonntag auf ihrer Website einen Einbruch der Einnahmen aus dem Ölgeschäft um 97 Prozent verglichen mit April 2019. Die Verluste überstiegen fünf Milliarden Dollar (4,4 Milliarden Euro).

Bei einer internationalen Konferenz im Januar in Berlin waren Schritte zur Deeskalation in Libyen vereinbart worden. So verpflichteten sich die in den Konflikt verwickelten ausländischen Staaten, die Konfliktparteien nicht weiter zu unterstützen und das bestehende Waffenembargo einzuhalten. Der Kriegsherr Haftar hielt sich jedoch nicht an das Abkommen in Berlin und griff die Hauptstadt immer wieder an. Auch rüsten vor allem Russland, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate weiterhin die Milizionäre des Warlords mit Waffen und Logistik aus.



TRT Deutsch und Agenturen