Kasachstan: Ex-KNB-Leiter festgenommen – Explosionen in Almaty (dpa)
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In Kasachstan ist der frühere Leiter des Inlandsnachrichtendienstes vor dem Hintergrund der tagelangen gewaltsamen Proteste festgenommen worden. Karim Massimow werde des Landesverrats verdächtigt, teilte das nationale Sicherheitskomitee (KNB) am Samstag mit. Massimow war diese Woche als KNB-Leiter entlassen worden, nachdem Demonstranten in Kasachstans größter Stadt Almaty Regierungsgebäude gestürmt hatten. Der Inlandsnachrichtendienst leitete nach eigenen Angaben eine Voruntersuchung wegen Landesverrats ein. Massimow und weitere Verdächtige seien inhaftiert worden, hieß es in der Mitteilung weiter. Der frühere KNB-Chef gilt als enger Verbündeter des autoritären Ex-Präsidenten Nursultan Nasarbajew, der weiterhin großen Einfluss im Land ausübt. Kasachstan wird seit Tagen von beispiellosen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften erschüttert. Proteste, die sich zunächst gegen steigende Gaspreise gerichtet hatten, weiteten sich zu regierungskritischen Massenprotesten im ganzen Land aus. Die Wut der Demonstranten richtet sich auch gegen Ex-Präsident Nasarbajew. Der aktuelle Staatschef Kassym-Schomart Tokajew erteilte den Sicherheitskräften am Freitag einen Schießbefehl auf Demonstranten und schloss Verhandlungen mit diesen aus. Am Abend sprach Präsident Tokajew von bis zu 20.000 „Terroristen“, die in Almaty in mehreren Wellen angriffen. Die „Banditen und Terroristen“ seien gut ausgebildet und organisiert. Ein von Russland angeführtes Militärbündnis unterstützt derzeit die kasachischen Sicherheitskräfte.

Medien berichten von Explosionen in Almaty

Das Staatsfernsehen meldete in der Nacht zum Samstag, dass die Sicherheitskräfte in mehreren Städten des Landes weiter gegen Demonstranten vorgingen. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Die Einsätze konzentrierten sich zuletzt auf die Millionenstadt Almaty, in der es seit Tagen Unruhen gibt.

An mindestens zwei Plätzen der Wirtschaftsmetropole gab es dem Portal Vlast.kz zufolge Schießereien. Es sei zudem zu Explosionen gekommen. Augenzeugen hätten von einem brennenden Auto berichtet. Sicherheitskräfte patrouillierten in gepanzerten Fahrzeugen. Auch in der Nacht drangen unabhängige Informationen von dort nur spärlich ins Ausland. Das Internet war zumindest zeitweise abgeschaltet. Ausländer werden derzeit nicht in die Ex-Sowjetrepublik gelassen.

Das Vorgehen löste im Westen Besorgnis aus. In Berlin rief Kanzler Olaf Scholz zu einem Ende der Gewalt auf. Er appellierte an die autoritäre Führung in Nur-Sultan: „Bitte kommt zurück zu einer friedlichen Weiterentwicklung im Land.“

Wegen des Konflikts stoppt die Bundesregierung Exporte von Rüstungsgütern in die frühere Sowjetrepublik. Im vergangenen Jahr wurden demnach 25 Genehmigungen für Exporte von Rüstungsgütern nach Kasachstan mit einem Gesamtwert von rund 2,2 Millionen Euro erteilt.

Kasachstan zählt zu den wichtigsten Rohöllieferanten Deutschlands und der EU. Tokajew schrieb in der Nacht an die Adresse der Wirtschaft im Ausland: „Die Politik der offenen Türen für ausländische Direktinvestitionen wird eine Kernstrategie Kasachstans bleiben.“

Agenturen