26.12.2020, USA, Nashville: Ermittler des FBI und des ATF (Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives) untersuchen ein Haus und sichern Gegenstände. (dpa)
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Eine Bombe explodiert am Weihnachtsmorgen: Einige Straßenzüge in der Innenstadt von Nashville gleichen nun einem Katastrophengebiet. Dank einer ominösen Vorwarnung und einer Evakuierung durch die Polizei in letzter Minute kamen keine Anwohner zu Tode, es gab nur drei Verletzte. Handelte es sich bei dem in einem Wohnwagen versteckten Sprengsatz um einen Selbstmordanschlag? War der Schuldige ein Einzeltäter? Die US-Bundespolizei FBI ist mit mehr als 250 Beamten im Bundesstaat Tennessee vor Ort und versucht, die bislang unklaren Hintergründe der verheerenden Explosion aufzuklären.
Nashville, oft „Music City“ genannt, ist mit knapp 700.000 Einwohnern die Hauptstadt von Tennessee im Süden der USA. Sie gilt wegen vieler Livemusik-Bars und Plattenfirmen als Zentrum der Country-Musik.
Bilder vom Ort der Detonation zeigten beschädigte Häuser, ausgebrannte Autos und Trümmerteile auf der Straße. Nach der Explosion am Freitag, dem ersten Weihnachtsfeiertag, waren auf Aufnahmen mehrere Brände zu erkennen; eine aufsteigende schwarze Rauchsäule war weithin sichtbar. Fotos zeigten auch bei weiter entfernten Gebäuden zerbrochene Fensterscheiben.
Bürgermeister John Cooper sprach von einem „katastrophalen Schaden“. Mehr als 40 Geschäfte seien beschädigt worden, sagte er. „Der Angriff heute früh zielte darauf ab, in dieser [weihnachtlichen] Zeit des Friedens und der Hoffnung Chaos und Angst zu verbreiten“, sagte er.
Der Gouverneur von Tennessee, Bill Lee, machte sich am Samstag vor Ort ein Bild von der Zerstörung. „Die Schäden sind schockierend und es ist ein Wunder, dass keine Anwohner getötet wurden“, schrieb er auf Twitter. Der örtliche FBI-Chef Douglas Korneski erklärte, es seien bereits rund 500 Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen. Die Ermittler durchsuchten ein Backsteinhaus am Stadtrand von Nashville. Ein dort lebender Mann soll Fotos zufolge einen Wohnwagen besessen haben, der jenem glich, der explodierte. Das FBI sprach von einem Verdächtigen, nannte aber zunächst keine Einzelheiten.
Die Explosion beschädigte ein Gebäude des Kommunikationsunternehmens AT&T, weswegen in der Region teilweise Telefon- und Datenverbindungen ausfielen. Der Flughafen Nashville musste deswegen am Freitag zeitweise seinen Betrieb einstellen. Ermittler wollten sich jedoch nicht dazu äußern, ob das Gebäude auch das Ziel des Angriffs war.
Polizeichef John Drake erklärte, Beamte seien am frühen Morgen nach Berichten über angebliche Schüsse an den Tatort gekommen. Dann begannen Durchsagen, die offenbar von dem Wohnmobil ausgingen, mit denen alle Anwohner wegen einer bevorstehenden Explosion zur Evakuierung aufgefordert wurden. Es begann demnach ein 15-minütiger Countdown, zwischendurch kam aus dem Lautsprecher auch Musik.
Die sechs Beamten am Tatort verständigten die Bombeneinheit der Polizei und gingen von Haus zu Haus und drängten Bewohner, sich in Sicherheit zu bringen. Nach Ablauf des Countdowns sei es zur Explosion gekommen, erklärte Drake. Es war zunächst unklar, ob sich jemand in dem Wohnmobil befunden hatte. Die Polizei habe am Tatort menschliches Gewebe gefunden, das nun analysiert werde, sagte Drake.
Im Hinblick auf die Warnungen vor der Explosion sagte er: „Ich will nicht spekulieren, aber man würde vermuten, dass diese Person nicht verletzen, sondern zerstören wollte.“ Auch der Zeitpunkt der Explosion legte nahe, dass es bei der Tat wohl nicht darum ging, möglichst viele Menschen zu treffen: Am Weihnachtsfeiertag gegen 6.30 Uhr morgens waren die Straßen so gut wie leergefegt - an einem Werktag zu späterer Stunde halten sich dort aber viele Menschen auf.
Gouverneur Lee beantragte unterdessen beim amtierenden US-Präsidenten Donald Trump die Bewilligung einer örtlichen Notstandserklärung. Damit sollen für den Wiederaufbau zusätzliche Mittel des Bundes mobilisiert werden. Bürgermeister Cooper erklärte, er sei froh, dass nicht mehr Menschen zu Schaden gekommen seien. Nun aber sei es an der Zeit für „Entschlossenheit, die Täter zu fassen und unsere Stadt wieder aufzubauen“, sagte Cooper.
Nach der Explosion hatte die Polizei die Innenstadt am Freitag weitgehend abgeriegelt und suchte mit Bombenspürhunden nach möglichen weiteren Sprengsätzen. Ermittler versicherten später, es gebe keine Hinweise auf eine weitere Bedrohung. Bürgermeister Cooper verhängte eine Ausgangssperre für den betroffenen Innenstadtbereich, um den Ermittlern das ungestörte Sichern der Beweise zu ermöglichen.

dpa